106 Wolkenkratzer wurden im vergangenen Jahr weltweit errichtet, so das Skyscraper Center. Allein 62 davon entstanden in China. Mit großem Abstand folgt Indonesien mit neun solcher Gebäude auf dem zweiten Platz. Und es geht unvermindert weiter: In diesem Jahr sollen weltweit 135 Wolkenkratzer und im nächsten Jahr 140 fertiggestellt werden. Zum Vergleich: Vor Beginn dieses Jahrzehnts wurden den Abgaben zufolge pro Jahr um die 20 oder 30 Wolkenkratzer gebaut.
Warum das beunruhigend ist? Sichtbar wird das am sogenannten Wolkenkratzer-Index. Aufgestellt wurde diese Theorie 1999 vom damaligen wissenschaftlichen Leiter der Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein, Andrew Lawrence. Das Ganze hatte zwar eher als Scherz begonnen, doch Lawrence fand heraus, dass Rekord-Wolkenkratzer häufig am Scheitelpunkt eines Konjunkturzyklus` errichtet werden.
Die Forschung nahm die Idee auf. So veröffentlichte der Finanzwissenschaftler Gunter Löffler von der Universität Ulm eine Studie, derzufolge die Höhenrekorde aufgestellt werden, wenn großer Optimismus und geringes Risikobewusstsein vorherrschen. Schließlich ist es in solchen Zeiten leichter möglich, Investoren zu finden, die milliardenschwere Projekte mit ungewisser Rendite finanzieren.
Empire State Building und Depression
Das früheste Beispiel des Zusammenhangs von Rekord-Hochhäusern und Wirtschaftskrise stammt aus dem Jahre 1873. Damals baute der Versicher Equitable Life in New York ein Hauptquartier, das immerhin rund 40 Meter hoch war und als erstes Bürogebäude der Welt mit Aufzügen ausgestattet war. Im selben Jahr begann in den USA die sogenannte Lange Depression, die bis 1879 dauerte.
Der ersten Börsenpanik der Wall Street ging der Bau des Park Row Buildings in Manhattan voraus. Das Haus existiert noch, es ist mehr als 100 Meter hoch und hat 30 Stockwerke – bis 1908 war es der höchste Wolkenkratzer der Welt.
Auch die wohl berühmtesten Gebäude New Yorks wurden am Vorabend einer tiefen Krise errichtet: Das Chrysler Building und das Empire State Building sind zu Beginn der Großen Depression fertiggestellt, die die 30er Jahre prägte. Die Vollendung des World Trade Centers 1973 fand zu Zeiten des Zusammenbruchs des Bretton-Woods-Währungssystems und der Ölkrise statt.
Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass 1997 die Errichtung des ersten höchsten Gebäudes außerhalb der USA seit 130 Jahren einer regionalen Krise vorausging. Dem Bau der Petronas-Türme in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur folgte die sogenannte Asienkrise, deren Ursache eine Kreditblase war. Der Eröffnung des Taipei 101 in Taiwan im Jahre 1999 folgte das Platzen der Dotcom-Blase.
Chinesen planen Rekordbau
Und auch die jüngste Wirtschaft- und Finanzkrise geht mit ambitionierten Projekten im Wolkenkratzer-Bau einher. Ein Beispiel von vielen: In Chicago sollte im Sommer 2007 die Errichtung des "Spire" beginnen – er sollte das höchste Gebäude der USA werden. Im Herbst 2008 wurde der Bau auf Eis gelegt, es ist unwahrscheinlich, dass er überhaupt aufgenommen wird. In diesen Zusammenhang gehört auch der Burj Khalifa in Dubai, dessen Bau zum größten Teil während der "Großen Rezession" stattfand.
Im gegenwärtigen Rennen um Rekorde ist China trotz seiner ökonomischen Probleme ganz weit vorne. 2017 soll in Wuhan das höchste Gebäude der Welt entstehen – und einen Kilometer hoch sein. Mit dabei ist auch Saudi-Arabien, wo ein gleichhohes Gebäude bis 2020 entstehen soll.
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