Die durchschnittlich geleisteten Zahlungen aus eigener Tasche für die Pflege von Familienmitgliedern sind laut einer Studie für Heimbewohner in den ostdeutschen Ländern besonders stark gestiegen.
Am deutlichsten erhöhte sich der Eigenanteil für die eigentliche Pflege in Mecklenburg-Vorpommern, wie eine Auswertung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ergab - um 78 Prozent von 292 Euro pro Monat im vergangenen Jahr auf nun 520 Euro. Es folgten Sachsen-Anhalt mit knapp 76 Prozent Plus von 271 auf 476 Euro und Thüringen mit plus 66 Prozent von 214 auf 355 Euro. Damit nähern sich die neuen Bundesländer an den Bundesdurchschnitt an. Bislang lagen die durchschnittlichen Eigenanteile im Osten erheblich unter den Vergleichswerten aus dem Westen.
Hintergrund ist, dass die Pflegeversicherung - anders als die Krankenversicherung - vom Gesetzgeber als Teilversicherung konzipiert ist, also auch nur Kosten bis zu einer Grenze übernimmt. Der Rest muss privat aufgebracht werden. Hinzu kommen weitere Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung - im Fachjargon "Hotelkosten" genannt - sowie Ausgaben für Investitionen in den Einrichtungen, also etwa den Kauf neuer Möbel. Insgesamt ergeben sich im Bundesschnitt derzeit knapp 1900 Euro Zahlungen aus eigener Tasche.
Höhere Löhne und mehr eingesetztes Personal
Der starke Anstieg der Eigenanteile für die reine Pflege im Norden und Osten sei auffällig, heißt es in der Analyse. Allerdings lägen diese Zuzahlungen gerade in diesen Ländern trotzdem auf einem niedrigen Niveau im Vergleich zum Bundesschnitt. Deutschlandweit gab es ein Plus von 17 Prozent auf 693 Euro. Ausgewertet wurden Daten des Verbands der Ersatzkassen zum 1. Januar 2018 und zum 1. Juli 2019.
Den geringsten Anstieg der Eigenanteile für die reine Pflege gab es demnach in Berlin (8,8 Prozent auf 915 Euro), Nordrhein-Westfalen (9,3 Prozent auf 755 Euro) und im Saarland (9,6 Prozent auf 856 Euro). Bundesweit am höchsten ist dieser Eigenanteil in Baden-Württemberg mit 953 Euro, im Vergleich zum Vorjahr gab es im Südwesten ein Plus von 15 Prozent.
Starke Veränderung der Durchschnittshöhe von Eigenanteilen können unterschiedliche Gründe haben. Beispielsweise steigt der Eigenanteil, wenn zunehmend Personen mit hohen Pflegegraden versorgt werden müssen, es also mehr schwere Fälle gibt als zuvor. Sie benötigten mehr Pflege und damit auch einen erhöhten Personaleinsatz. Zudem können Steigerungen in den Ländern aber auch aus höheren Löhnen für das Personal oder höherem Fachkräfteeinsatz resultieren. Mit anderen Worten: Die höheren Kosten sind dann Folge der verbesserten Versorgung.
Wenn sich Tariflöhne und Fachkraftquoten auch durch bundesweite Vorgaben immer weiter annäherten, werde sich mittelfristig auch das Niveau der Eigenanteile angleichen. "Insbesondere für die bisher eher im unteren Bereich liegenden Bundesländer kann dies jedoch deutlich spürbare Erhöhungen der Eigenanteile mit sich bringen", hieß es. Die Bundesregierung will höhere Löhne in der Pflege durchsetzen, um mehr dringend gesuchte Fachkräfte zu gewinnen.
Angesichts der steigenden Kosten gibt es schon zahlreiche Forderungen nach einem Umbau der Finanzierung. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) plant 2020 einen breiten Dialog dazu und will bis Mitte nächsten Jahres einen Vorschlag vorlegen. Dabei strebt er mehr Planbarkeit und Verlässlichkeit bei den Eigenanteilen an.
spiegel
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