Laut dem Rundfunksender „Hromadske Radio“ fordern die Demonstrierenden von Selenski, Vereinbarungen zu verhindern, die „den nationalen Interessen der Ukraine widersprechen“.
Laut der Online-Zeitung Strana.ua sind auf den Zelten, in denen Tee eingeschenkt und Kekse verteilt werden, Logos der rechtsradikalen nationalistischen Organisationen „Unbekannter Patriot“ und „Demokratische Axt“ zu sehen.
Protestaktionen gegen Kompromisse bei Friedensregelung im Donbass
Am Sonntag hatten Kritiker des Präsidenten Wladimir Selenski landesweite Protestaktionen durchgeführt. Die Teilnehmer der Proteste riefen die ukrainischen Behörden dazu auf, keine Kompromisse in Bezug auf die unitäre Staatsordnung der Ukraine und die „Rücknahme der Krim“ zuzulassen. Zudem forderten sie die Befolgung der europäischen und nordatlantischen Ausrichtung der ukrainischen Außenpolitik.
Die Protestler sprachen sich gegen direkte Verhandlungen mit den Vertretern der Gebiete aus, die nicht von Kiew kontrolliert werden. Außerdem sollten keine Wahlen im Donbass abgehalten werden, bis lokale Milizen Waffen niederlegen würden, hieß es.
Hauptorganisator der Kundgebungen ist der ehemalige Präsident Petro Poroschenko, der auf der Protestaktion in Kiew, die auf dem Unabhängigkeitsplatz (Maidan Nesaleschnosti ) stattfand, mit einer Rede auftrat.
Nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums nahmen an der Protestaktion am Sonntag rund 8000 Menschen teil. Weitere 2000 Protestierende hätten sich am Sonntagnachmittag vor dem Haus des Präsidentenbüros versammelt.
Selenski hatte den Sinn der Protestaktionen im Voraus in Frage gestellt: „Niemand will eine Kapitulation, niemand will unsere Gebiete weggeben. Und wozu versammeln sie sich dann?“, zeigte er sich am Freitag gegenüber dem TV-Sender „Ukraine“ erstaunt.
Am Montag findet in Paris eine weitere Gesprächsrunde der sogenannten Normandie-Vier zur Regelung der Lage in der Ostukraine statt – erstmals seit drei Jahren.
Geschichte des Normandie-Formats
Das Normandie-Format ist eine Kontaktgruppe zur Regelung der Lage in der Ostukraine. Das Format war im Juni 2014 beim Vierer-Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem damaligen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, dem russischen Staatschef Wladimir Putin und seinem französischen Amtskollegen François Hollande ins Leben gerufen worden, das während der Gedenkfeiern zum 70. Jahrestag der Alliierten-Landung in der nordfranzösischen Normandie stattfand. Damals besprachen die Staats- und Regierungschefs der Vierer-Gruppe zusammen die Regelung des Konflikts im Donbass.
Im Februar 2015 unterzeichnete die sogenannte „Normandie-Vier“ die Minsker Abkommen, die eine Waffenruhe und Versöhnung der Konfliktparteien im Donbass vorsahen. Die Vereinbarungen über den Truppenabzug und die Entwaffnung wurden jedoch mehrmals verletzt.
Die ukrainische Regierung hatte im April 2014 Truppen in die östlichen Kohlefördergebiete Donezk und Lugansk geschickt, nachdem diese den nationalistischen Staatsstreich vom Februar in Kiew nicht anerkannt sowie zuerst mehr Selbständigkeit gefordert und dann unabhängige „Volksrepubliken“ ausgerufen hatten.
asch/ae
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