Papier rügt Bargeldpläne als rechtswidrig

  09 Februar 2016    Gelesen: 824
Papier rügt Bargeldpläne als rechtswidrig
Probates Mittel der Kriminalitätsbekämpfung oder Eingriff in die Freiheit der Bürger? Die Pläne, die Nutzung von Bargeld einzuschränken, erhitzen viele Gemüter. Auf die Seite der Kritiker des Vorhabens schlägt sich nun Ex-Verfassungsrichter Papier.
Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hält Beschränkungen von Bargeldzahlungen für verfassungswidrig. "Dies wären nicht gerechtfertigte Eingriffe in Freiheitsrechte, nämlich in die Vertragsfreiheit und Privatautonomie", sagte Papier der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Zudem habe das Verfassungsgericht immer wieder betont, "dass die Freiheitswahrnehmung der Bürger nicht total erfasst und registriert werden darf".

Der SPD-Finanzexperte und stellvertretende Fraktionschef Carsten Schneider verteidigte das Vorhaben. "In Deutschland werden jährlich circa 60 Milliarden Euro gewaschen und nur ein Prozent der kriminellen Gelder werden eingezogen. Das kann der Staat nicht akzeptieren", sagte Schneider der "Saarbrücker Zeitung". Deutschland sei inzwischen europaweit ein "Eldorado" für Geldwäsche. Neben einer Bargeld-Obergrenze von 5000 Euro müsse auch der 500-Euro-Schein abgeschafft werden. "Das ist das Zahlungsmittel bei Schwarzgeld im großen Stil."

Papier kritisierte hingegen: Eine gesetzliche Bargeldobergrenze und der Zwang, auf elektronische Zahlungsmittel zurückzugreifen, bedeuteten einen "kräftigen Schritt hin zur weiteren Reglementierung, Erfassung und verdachtslosen Registrierung". Auch sei wohl nicht hinreichend nachweisbar, dass diese Beschränkungen zum Schutze des gemeinen Wohls wirklich geeignet und erforderlich seien.

Ohoven vermutet Pläne für Negativzinsen

Auch der Deutsche Richterbund hatte sich skeptisch gezeigt. Es sei relativ einfach, Geldflüsse zu verschleiern und Geldwäsche zu betreiben, hatte Präsidiumsmitglied Peter Schneiderhan jüngst der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gesagt. Dies geschehe durch Überweisungsketten und durch die Nutzung von Konten, die unter Verwendung einer falschen Identität eröffnet worden seien. "Die Abschaffung von Bargeld würde daher Terrorismusfinanzierung oder Geldwäsche nicht verhindern, sondern nur auf elektronische Zahlungswege verlagern."

Kritisch sieht auch der Präsident des Bundesverbands mittelständischer Wirtschaft, Mario Ohoven, Schritte hin zu einer möglichen Abschaffung des Bargelds: "Den Befürwortern der Bargeldlosigkeit geht es in Wahrheit um etwas ganz anderes", sagt er. Es gehe darum, die Hoheit über Geldvermögen und Geldverkehr zu erlangen. "Hat er diese erst einmal erlangt, können sich Sparer zum Beispiel nicht mehr gegen Negativzinsen wehren", ist sich Ohoven sicher. "Deshalb: Bargeld bleibt."

Unterstützung erhält der Verbandschef vom Präsidenten des liberalen Ludwig-von-Mises-Instituts: In Wahrheit, so Thorsten Polleit, gehe es dem Staat nicht um die Bekämpfung des Terrorismus oder der Bekämpfung der Geldwäsche, sondern um die Verschuldungsproblematik. "Um die Schulden vor allem von Staaten und Banken zu verringern, sollen die Zentralbanken nun eine negative Zinslandschaft erzeugen", ist Polleit überzeugt. Im Hauptberuf ist er Chefökonom der Degussa Goldhandel.

Volkswirte wie Polleit befürchten, dass Banken einen Strafzins für Sparer einführen könnten, so wie ihn die Geldhäuser heute für Guthaben bei der Europäischen Zentralbank berappen müssen. Auf Bargeld lässt sich dieser Strafzins aber nicht durchsetzen. Die Verzinsung von Scheinen und Münzen liegt bei null. Der Präsident des Mises Instituts fürchtet hinter dem Vorstoß zudem den alles überwachenden Staat. "Ohne Bargeld ist die finanzielle Privatsphäre des Bürgers verloren", warnte Polleit.

Praktische Einwände gegen die Gedankenspiele hat der Einzelhandel. Der Branchenverband HDE sieht die Pläne kritisch, da ein negatives Signal auf die Verwendung von Bargeld ausgehen könnte. "Bargeld wird im Handel nach wie vor gerne und uneingeschränkt akzeptiert - das sollte auch so lange so bleiben, wie der Kunde es wünscht", verlangte HDE-Geschäftsführer Stefan Genth. Er sieht bestimmte Segmente des Handels wie Möbel- und Autohäuser, aber auch Juweliere und Designerboutiquen, von Nachteilen bedroht.

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