Das vergiftete Angebot der Republikaner an die Demokraten

  28 Januar 2020    Gelesen: 803
Das vergiftete Angebot der Republikaner an die Demokraten

Wird der Schlüsselzeuge John Bolton nun doch im US-Senat aussagen? Die Republikaner erwägen einen Deal, der für die Demokraten gefährlich werden könnte. 

John Bolton gegen Hunter Biden? Während die Anhörungen im Amtsenthebungsverfahren des US-Senats gegen Präsident Donald Trump weitergehen, laufen im Hintergrund informelle Gespräche über die Frage, ob Zeugen vorgeladen und neue Beweismittel zugelassen werden.

Eine Idee, die die Republikaner dabei den Demokraten anbieten könnten, geht folgendermaßen: Die Demokraten können den ehemaligen Nationalen Sicherheitsberater John Bolton vorladen, wenn die Republikaner im Gegenzug Hunter Biden, den Sohn des früheren Vizepräsidenten Joe Biden, befragen dürfen.

Diese Idee habe der republikanische Senator Patrick Toomey mit seinen Parteikollegen in den vergangenen Tagen besprochen, schreibt die "Washington Post".

Die Demokraten, die dem Präsidenten Amtsmissbrauch vorwerfen, fordern seit Wochen vergeblich, dass der Senat seine Beweisaufnahme ausweitet. Ihre Forderung wird aber zunehmend dadurch gestützt, dass immer wieder neue Beweise auftauchen, zum Beispiel durch Ermittlungen, die außerhalb des Kongresses geführt werden.

Trumps Republikaner, die in dieser Kongresskammer vier Sitze mehr als die Demokraten haben, zeigten bislang indes wenig Interesse daran, auf diese Weise das Verfahren in die Länge zu ziehen. Sie wollen einen kurzen Prozess – ganz im Sinne des Präsidenten. Nur zwei, drei Senatoren, darunter Mitt Romney (Utah) und Susan Collins (Maine) deuteten an, in dieser Frage noch keine endgültige Entscheidung getroffen zu haben.

Boltons Buch hat eingeschlagen

Mit dem am Sonntagabend veröffentlichten Bericht der "New York Times" über Boltons neues Buch hat sich die Diskussion jedoch dramatisch verändert.

Bolton schreibt demnach in seinem noch unveröffentlichten Manuskript, dass Trump tatsächlich für die Freigabe der US-Militärhilfe von knapp 400 Millionen Dollar an die Ukraine eine Bedingung gestellt habe: Ermittlungen gegen Joe Biden, seinen möglichen Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl im November 2020. Genau das bestreitet der Präsident bislang kategorisch, so auch noch einmal am Montag.

Bolton, den Trump im vergangenen September entließ, hatte sein Buch dem Weißen Haus vor der Veröffentlichung zur Freigabe übermittelt, wie dieses am Montag bestätigte. Die Zeitung war nach eigenen Angaben in der Lage, mit mehreren eingeweihten Personen über den Inhalt zu sprechen.

Ein Zeuge für jede Seite?

Der republikanische Senator Toomey sei sich bewusst geworden, schreibt die "Post", dass angesichts der neuen Enthüllungen ein Deal mit den Demokraten nötig werden könnte. Denn der Druck auf die Republikaner im Senat nehme zu, doch noch Zeugen anzuhören.

Sein Plan ist allerdings so etwas wie ein vergiftetes Angebot an die Demokraten. Da diese ohne weitere Zeugen Gefahr laufen, dass das Impeachment-Verfahren schon in wenigen Tagen mit einem Freispruch des Präsidenten endet, könnten sie eventuell der Vorladung eines Zeugens durch die Gegenseite zustimmen – gegen ihre eigene Überzeugung.

Eigentlich lautet die Argumentationslinie der Demokraten, dass sie die Vorladung von Zeugen ablehnen, die irrelevant für den Prozess sind. Das wäre aus ihrer Sicht Hunter Biden. Sie befürchten, dass die Republikaner die Aufmerksamkeit auf die Bidens lenken wollen.

Die Demokraten werfen den Republikanern Ablenkungsmanöver vor

Ed Markey, demokratischer Senator aus Massachusetts, sagte am Montag am Rande des Verfahrens: "Hunter Biden ist kein Bestandteil des Prozesses." Seine Vorladung würde nur von dem zentralen Thema ablenken, dem, was sich Präsident Trump zuschulden habe kommen lassen. "Was könnte Hunter Biden dazu beitragen?"

Trumps Verteidiger behaupten, der Präsident sei vor allem daran interessiert gewesen, die grassierende Korruption in der Ukraine zu bekämpfen. Da spiele auch Burisma eine Rolle, jene ukrainische Gasfirma, bei der Hunter Biden zu der Zeit einen gut bezahlten Aufsichtsratssitz innehatte, als sein Vater US-Vizepräsident war.

Trump und sein persönlicher Anwalt Rudy Giuliani behaupten seit Monaten, Joe Biden habe Korruptionsermittlungen stoppen wollen, um seinen Sohn zu beschützen. Dabei haben offizielle Untersuchungen kein Fehlverhalten von Hunter Biden feststellen können.

Am Montag gingen Trumps Anwälte auf die Bidens los

Am zweiten Tag ihrer Plädoyers attackierten Trumps Verteidiger wie erwartet die Bidens. Anstatt Vorwürfe gegen Trump zu erfinden, hätte sich das Repräsentantenhaus mit dem "korrupten Verhalten der Bidens" befassen können, sagte die Anwältin Pam Bondi am Montag. Hunter Bidens Rolle im Burisma-Aufsichtsrat sei ein klarer Interessenskonflikt gewesen, da sein Vater federführend für die US-Politik verantwortlich gewesen sei.

Erstmals hatten auch die Star-Anwälte Kenneth Starr und Alan Dershowitz ihre Auftritte im Verteidigerteam. Beide argumentierten, dass im Falle von Trump kein Fehlverhalten vorliege, das eine Amtsenthebung rechtfertige.

Kenneth Starr: Lasst die Wähler entscheiden

"Eine Amtsenthebung ist immer das letzte Mittel", sagte Starr am Mittag. Ein Impeachment sei wie ein "Bürgerkrieg": Es führe nur zu Bitterkeit und spalte die Gesellschaft.

"Genauso wie Krieg ist Impeachment die Hölle", sagte der Anwalt. Starr war auch schon am Amtsenthebungsverfahren gegen den damaligen Präsidenten Bill Clinton beteiligt, allerdings auf anderer Seite: Er hatte als Sonderermittler das Verfahren gegen Clinton vorangetrieben. Nun forderte Starr, dass es an dem amerikanischen Volk sei, ein Urteil über Trump bei der Wahl im November zu fällen.

Dershowitz ging dann am Abend als einziger aus dem Anwaltsteam auch auf Bolton ein. Dabei zeigte er schon einmal auf, wie die Verteidigung aussehen könnte, falls der ehemalige Sicherheitsberater tatsächlich Trump öffentlich belastet. "Nichts von den Enthüllungen Boltons – selbst wenn sie wahr sind – erreicht das Niveau von Machtmissbrauch oder einem Vergehen, für das eine Amtsenthebung gerechtfertigt ist", erklärte er.

Lindsey Graham will das Manuskript sehen

Für die Demokraten im Senat ist das naturgemäß kein Argument, Bolton nicht vorzuladen und unter Eid aussagen zu lassen. Das ist nun zumindest wahrscheinlich geworden.

Möglich ist aber auch, dass die Senatoren zunächst einmal nur das Manuskript Boltons anfordern. Das brachte der Republikaner und Trump-Vertraute Lindsey Graham ins Spiel. Er wolle wissen, was da drin stehe, erklärte er. So oder so: Die Wahrscheinlichkeit, dass Trump am Ende seines Amtes enthoben wird, ist sehr gering. Dafür bräuchte es eine Zweidrittelmehrheit im Senat. Die ist auch weiterhin nicht in Sicht.

Tagesspiegel


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