Der Raum ist klein, die Luft stickig. Dutzende Journalisten drängen sich auf die wenigen Sitzplätze. Schon eine Stunde bevor die wohl am heißesten erwartete Pressekonferenz in der jüngeren Geschichte von Hertha BSC startet, ist die Geschäftsstelle des Fußball-Bundesligisten voll. Nicht einmal bei Jürgen Klinsmanns Antrittsbesuch als Trainer war das Medien-Interesse so groß. Eine willkommene Bühne für Investor Lars Windhorst. In den dann folgenden 45 Minuten macht er nicht nur deutlich, wie schnell eine Freundschaft enden kann, wenn es um Geld geht, sondern auch, wer im "Big City Club" künftig die Richtung vorgeben wird.
Als die drei mächtigen Männer den Raum betreten, wird die Rangordnung formal gehalten: Zuerst Präsident Werner Gegenbauer, dann folgen Investor Lars Windhorst und Sportdirektor Michael Preetz. Doch wie bei einem Siegertreppchen sitzt der Gewinner nicht links, sondern in der Mitte. Als klarer Sieger aus dem Aufruhr nach dem Klinsmann-Rücktritt geht ein Investor hervor, der das Rampenlicht geschickt für sich zu nutzen weiß. Der Verlierer: Klinsmann.
Für Windhorst ist es der erste große Auftritt, seit er im August vergangenen Jahres mit seiner Firma Tennor Holding mit 100 Millionen Euro als Investor eingestiegen ist. Später hatte der 43-Jährige sein Engagement um weitere 124 Millionen Euro aufgestockt, inzwischen gehören ihm 49,9 Prozent der Anteile des Klubs. Und für die will er auch was sehen: "Es gibt keinen Grund, warum es Hertha BSC als Klub der Hauptstadt Deutschlands nicht schaffen sollte, in führender Position in Deutschland und Europa mitzuspielen. Den Grund gibt es einfach nicht, da können noch so viele Leute skeptisch sein", sagt Windhorst über sein Ziel mit Hertha. Das betont er oft. Was manche als Größenwahn beschreiben, ist mindestens mal ein ambitionierter Plan. Denn das, was Windhorst schaffen will, hat zuvor noch kein Klub in so kurzer Zeit geschafft.
Einst "Freund und Vertrauter", jetzt "Herr Klinsmann"
Doch für Windhorst scheint es keine kleinen Ziele zu geben. Der Mann aus Rahden in Ostwestfalen blickt auf 27 Jahren Erfahrung als Geschäftsmann zurück, wie er selbst sagt. Mit 16 Jahren gründet er seine erste Firma. Er ist ein Unternehmer-Wunderkind und präsentiert sich gekonnt souverän. Auf die Frage, ob sich nun bei ihm Ernüchterung breit mache, sagt er: Rückschläge, wie den überraschenden Rücktritt von Klinsmann, dessen Art und Weise "völlig inakzeptabel" war, gebe es immer. Das sei jedoch nichts, was ein langfristiges Engagement aus der Bahn wirft. Eher ein Kieselsteinchen auf dem steinigen Weg zum Hertha-Erfolg.
Noch vor wenigen Wochen ist Klinsmann ein "Freund und Vertrauter". Der scheint jetzt zum Ex-Angestellten verkommen zu sein. Ein Erfüllungsgehilfe für Windhorst, einer mit "Strahlkraft", ein Weltstar, der "internationale Investoren angelockt" hätte. Klar bedaure der Investor seinen Rücktritt. Aber "Herr Klinsmann", wie er seinen ehemaligen Freund, dieser Status wurde medial so übermittelt, nennt, habe in einer Kurzschlussreaktion hingeworfen: "Das kann man als Jugendlicher machen, aber nicht als Erwachsener im Geschäftsleben" - und beendet damit die Zusammenarbeit mit Klinsmann mit einer schallenden Ohrfeige.
Windhorst will den Klub groß machen. Dafür erwarte er von allen "Grundverständnis und Commitment". Dann würde er, wenn es denn nötig ist, weiter investieren, um den Traum vom "Big City Club" zu erreichen. Damit ist spätestens nach diesem Auftritt klar, wer bei der Hertha die Zügel in der Hand hält. "Solange alle in dieselbe Richtung laufen" - und dafür nehme er, Windhorst, Gegenbauer beim Wort - "stehe einer konsequenten Zielsetzung, die wir erreichen müssen, nichts mehr im Weg", sagt er. Dabei hat Windhorst formal im Klub nichts zu bestimmen. Dennoch: der Souverän hat gesprochen. Und der Chef muss liefern - "Big City Commitment".
Quelle: ntv.de
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