EU-Ratspräsident Charles Michel führte seit Donnerstagabend Einzelgespräche mit den 27 Staats- und Regierungschefs, die auch in der Nacht zum Freitag fortgesetzt wurden. Mehrere Teilnehmer erwarteten danach einen neuen Vorschlag für das über eine Billion Euro schwere Budget. In großer Runde soll der Gipfel einem EU-Sprecher Michels zufolge wieder am Freitagvormittag (10.00 Uhr) zusammenkommen.
Ein in der vergangenen Woche präsentierter Vorschlag Michels für das Budget für die Jahre 2021 bis 2027 war bei vielen Mitgliedstaaten auf Kritik gestoßen. Er sieht Kürzungen der Milliardenhilfen für Europas Bauern und Regionen vor, aber mehr Geld für Klimapolitik, Grenzschutz, Forscher und Studenten.
Das Volumen des Haushaltsplans liegt bei knapp 1095 Milliarden Euro. Dies sind 1,074 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung. Eine Gruppe aus Österreich, Dänemark, den Niederlanden und Schweden pocht darauf, das Budget auf 1,0 Prozent der Wirtschaftsleistung zu begrenzen. Länder wie Frankreich oder Spanien kritisierten die Einschnitte bei den Agrarhilfen.
Ob Michel einen neuen Vorschlag vorlegen werde oder nicht, hänge vom Verlauf der Sondierungsgespräche ab, sagte ein EU-Vertreter. Aus Teilnehmerkreisen hieß es, ein neuer Plan müsse dann zunächst von den Experten der Mitgliedstaaten durchgerechnet und geprüft werden. Ob eine Einigung möglich sei, werde sich erst am Freitag zeigen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verließen das Treffen am späten Donnerstagabend, nachdem sie ihre Einzelgespräche mit Michel hatten. Ihre Länder standen verhältnismäßig weit vorn auf der Liste, die sich nach der Abfolge der halbjährlichen EU-Ratspräsidentschaften richtete.
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz sagte beim Verlassen des Gipfelgebäudes nach Mitternacht, es werde "die ganze Nacht über in unterschiedlichen Formaten weitere Gespräche geben". Er sprach von "sehr intensiven Verhandlungen". Die Gruppe der vier Nettozahler mit Österreich, die mehr in den EU-Haushalt einzahlen als sie zurückbekommen, sei "gut abgestimmt" und habe ihre Position bei dem Gipfel vertreten.
Deutschland als größter Nettozahler war in den Verhandlungen ursprünglich auch mit der Forderung nach einer Begrenzung auf 1,0 Prozent der Wirtschaftsleistung aufgetreten. Die Bundesregierung gilt bei der Budgethöhe aber in Grenzen als flexibel.
Merkel hatte zum Gipfel-Auftakt am Donnerstagnachmittag gefordert, eine bessere Balance bei der Lastenverteilung unter den Nettozahlern zu finden. Dabei geht es um die Frage von Rabatten auf die Mitgliedsbeiträge, von denen Deutschland ebenso wie Dänemark, die Niederlande, Österreich und Schweden bisher profitieren. Der Großteil der anderen Mitgliedsländer fordert eine Abschaffung der Nachlässe.
AFP.com
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