Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat in einem Telefonat mit Kremlchef Wladimir Putin über die Krise im syrischen Idlib gesprochen. Russland ist Schutzmacht der syrischen Regierung. Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete am Freitagabend, Erdogan habe erneut angemahnt, dass die syrische Regierung sich zurückhalten müsse. Die Krise ließe sich nur lösen, wenn das Sotschi-Abkommen voll umgesetzt würde.
Die Lage in Idlib war zuletzt eskaliert. Nach Uno-Angaben flohen seit Anfang Dezember rund 900.000 Syrerinnen und Syrer vor den heranrückenden Regierungstruppen und der Gewalt - auch in Richtung türkische Grenze. Das hatte in der Türkei, die bereits Millionen syrische Geflüchtete beherbergt, Sorgen ausgelöst.
Erdogans Hinweis auf das Sotschi-Abkommen bezieht sich auf eine Einigung zwischen der Türkei und Russland. Damit sollte unter anderem in Idlib eine Deeskalationszone entstehen. Die Türkei, die im syrischen Bürgerkrieg islamistische Rebellen unterstützt, richtete daraufhin dort Beobachtungsposten ein. Dennoch begann das syrische Militär eine Offensive auf Idlib. Dabei waren in mehreren bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen türkischem und syrischem Militär auch türkische Soldaten getötet worden.
Uno-Generalsekretär Guterres befürchtet weitere Eskalation der humanitären Lage
Die Türkei droht für Ende Februar mit einer Militäroffensive gegen die syrischen Truppen, sollten diese sich nicht zurückziehen.
Der Kreml betonte, weiter mit der Türkei intensiv über "die Verringerung der Spannungen" und eine Waffenruhe sprechen zu wollen. Das Gespräch sei auf Initiative der Türkei zustande gekommen, hieß es in einer Mitteilung. Zuvor hatte Putin die Lage mit dem nationalen Sicherheitsrat besprochen.
Uno-Generalsekretär António Guterres hat derweil vor einer weiteren Zuspitzung der Lage in Idlib gewarnt. "Die Kämpfe schreiten jetzt in Gebiete mit der höchsten Konzentration von Menschen - einschließlich der Vertriebenen - voran und drohen, humanitäre Lebensadern zu kappen", sagte Guterres in New York. Das Risiko einer "unkontrollierbaren Eskalation" mit unvorhersehbaren Folgen durch das von Russland unterstützte Vorrücken der syrischen Armee steige. Er forderte einen sofortigen Waffenstillstand.
Möglicher Schlichtungsgipfel im März
Zuvor hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsidenten Emmanuel Macron zuerst mit Putin, dann mit Erdogan telefoniert.
Erdogan zufolge sollen die beiden Putin einen Vierer-Gipfel in Istanbul am 5. März vorgeschlagen haben. In dem Telefonat mit Merkel und Macron forderte Erdogan am Freitag "konkrete Maßnahmen" Deutschlands und Frankreichs, um eine "humanitäre Katastrophe" im Nordwesten Syriens zu verhindern, wie sein Büro in Ankara mitteilte.
Alle drei Gesprächspartner - Merkel, Macron und Erdogan - hätten "ihre gemeinsame Sorge über die katastrophale humanitäre Lage der Zivilbevölkerung und das Risiko einer weiteren Eskalation" zum Ausdruck gebracht, teilte ein Regierungssprecher in Berlin mit. Demnach plädierten die Gesprächspartner für eine "politische Lösung" der Krise. "Vor diesem Hintergrund halten sie ein zeitnahes gemeinsames Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin für sinnvoll", erklärte der Sprecher weiter.
spiegel
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