Mittel aus Kuba Hoffnungsträger gegen Corona – bald auch in Deutschland?

  18 April 2020    Gelesen: 1078
Mittel aus Kuba Hoffnungsträger gegen Corona – bald auch in Deutschland?

Ein Medikament aus Kuba wird in China produziert und zeigt Behandlungserfolge bei Covid-19. Ein sächsisches Unternehmen mit Kontakten nach Kuba hat jetzt auch der Bundesrepublik eine große Menge des Mittels Interferon-alpha-2b gesichert. Allerdings gestalten sich Einfuhrgenehmigung und Zulassung bislang kompliziert.

Keine Woche ohne neues Mittel. Im Kampf gegen das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 überschlagen sich die Meldungen. Wirksamkeiten sollen unter anderem zeigen: das Anti-Malaria-Mittel Chloroquin, das Anti-Ebola-Mittel Remdesivir, HIV-Medikamente, Tuberkulose-Impfungen. Seit Mitte März rückt dabei ein weiteres Mittel in den medialen Fokus, das ursprünglich gegen Hepatitis B und C sowie gegen Tumoren zum Einsatz kam: Interferon-alpha-2b.

Der Wirkstoff Interferon-alpha-2b wurde erstmals in Zürich aus dem Darmbakterium Escherichia coli gewonnen und später dann in den USA  unter dem Marktnamen „Intron-A“ und in Kuba als „Heberon“ zugelassen. In China soll das Medikament sich im Kampf gegen die Erkrankung Covid-19 so wirksam gezeigt haben, dass es nicht nur zu den 30 gängigen Behandlungsmitteln gehört, sondern auch als erster antiviraler Wirkstoff in den „Leitlinien zum Umgang mit der Covid-19-Epidemie“ von chinesischer Seite angeführt wird.

Im Einklang damit wird das Mittel vom chinesisch-kubanischen Werk Changheber in der Provinz Jilin produziert und bei Therapien eingesetzt. Diese Möglichkeit bietet sich seit nunmehr zwei Wochen auch Deutschland – und zwar über den sächsischen Verbandsstoffhersteller Profümed, der Kontakte in das sozialistische Land hat.

„Wir sind seit nunmehr etwas mehr als drei Jahren auf Kuba aktiv und haben bisher ausschließlich sehr gute Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit den kubanischen Unternehmen gemacht“, erzählt Georg Scheffer, Geschäftsführer und Inhaber des Unternehmens, im Gespräch mit Sputnik. „Natürlich haben wir von Anfang an die Entwicklung und Ausbreitung des Virus mit Besorgnis verfolgt. Schnell war klar, dass etwas getan werden musste, um Leben zu retten.“ Profümed habe sich daraufhin mit seinen kubanischen Partnern ausgetauscht und dabei vom Interferon-alpha-2b erfahren. „Uns war klar, dass die Entwicklung anderer Medikamente oder ein Impfstoff zeitnah nicht hergestellt oder ausreichend produziert werden kann. Wir sind deshalb froh, dass uns Kuba die Möglichkeit geboten hat, für Deutschland bis zu tausend Patienten mit Medikamenten zu versorgen“, so Scheffer.

Über die laufenden Verhandlungen zwischen dem kubanischen Unternehmen BioCubaFarma und dem sächsischen Profümed berichtet auch die deutsche Außenhandelskammer in Havana. Es steht eine Menge für den Import nach Deutschland bereit, die für 500 bis 1000 Patienten reichen würde. Außerdem bietet die kubanische Seite einen Lizenzvetrag zur Produktion des Mittels direkt in Deutschland an. Allerdings gestaltet sich der Prozess kompliziert, da von deutscher Seite die Einfuhrgenehmigung und Zulassung für das Medikament fehlen. „Wir sind kein Pharmaunternehmen, sondern stellen Verbandsstoffe her. Da brauchen wir also Unterstützung von Unternehmen, die das dürfen. Wir haben mehrere Unternehmen, die das Medikament vertreiben dürfen, aber die dürfen es noch nicht importieren“, erklärt der Geschäftsführer von Profümed.

Voraussetzung für einen solchen Import ist eine behördliche Zulassung, die wiederum von einem Wirksamkeitsnachweis durch ein pharmazeutisches Unternehmen abhängt. Dieser könnte in Deutschland erbracht werden, denn Medikamente, die den Wirkstoff enthalten, werden auch hier hergestellt. Erste Pharmahersteller, die Interesse zeigen, gibt es allerdings bereits: „Es gibt zwei Unternehmen. Wir müssen gerade mit Kuba abklären, ob man bereit dazu ist. Da kann ich aber bislang noch nichts dazu sagen“, so Scheffer. Neben der Versorgung der Bundesrepublik mit dem Mittel stellt Kuba auch die Aussendung von Ärzten zur Behandlung nach Deutschland in Aussicht.

Haben der schnelle Produktionsbeginn in China und die langsamen Prozesse mit unterschiedlichen politischen Ausrichtungen oder mit höheren Anforderungen für eine Zulassung zu tun? Scheffer sagt hierzu:

„Ich hoffe, dass es nicht darum geht, politische Interessen wie die US-Außenpolitik beziehungsweise die Handlungsblockade gegen Kuba vor die Rettung von Menschenleben zu stellen. Ich hoffe, dass es nur daran liegt, dass die Entscheidungsträger nicht ausreichend oder falsch über das kubanische Mittel informiert sind und in Kürze ein Umdenken erfolgt. Aber es ist auch gut, dass die Gesetze in Deutschland streng sind. Deshalb brauchen wir auch die Kooperation mit einem Pharmaunternehmen. Es kann ja nicht sein, dass jeder etwas importieren darf, das muss man auch fairerweise sagen. Wir möchten einfach kein zweites Italien.“

In der Tat lassen sich konkrete Zahlen zu Behandlungserfolgen oder Nebenwirkungen des Stoffs kaum finden. Von der WHO heißt es ganz allgemein, dass die Behandlungschancen ohne klinische Studien unmöglich eingeschätzt werden könnten. Dem pflichtet auf Sputnik-Anfrage auch die Deutsche Gesellschaft für experimentelle und klinische Pharmakologie und Toxikologie (DGPT) bei und antwortet: „Die Datenlage lässt derzeit keine valide Aussage zur Wirksamkeit bei COVID-19-Infektionen zu.“ Auf der anderen Seite stehen der aktive Einsatz und Berichte über Behandlungserfolge aus China – und Menschen, die in anderen Ländern an der schweren Verlaufsform versterben.

sputniknews


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