Die Präsidentin des Branchenverbands VDA, Hildegard Müller, verlangte rasche Klarheit über die Prämie - andernfalls werde die Flaute in der Branche verschärft, weil Verbraucher ihre Kaufentscheidung weiter aufschöben. VW-Chef Herbert Diess verlangte Kaufprämien für alle Neufahrzeuge, nicht nur für umweltfreundliche E-Autos. Widerspruch kam von SPD-Chef Norbert Walter-Borjans und von den Grünen.
VDA-Präsidentin Müller mahnte in der "Welt am Sonntag" eine Entscheidung im Mai oder Anfang Juni an. Müller beklagte eine momentane "doppelte Zurückhaltung" potenzieller Autokäufer: Diese seien nicht nur wegen der Corona-Krise verunsichert, sondern auch wegen der Ungewissheit, ob sie auf eine staatliche Kaufprämie warten sollten.
"Es muss zeitnah politisch entschieden werden, damit es eine Klarheit im Markt gibt", sagte Müller. Sie gehe allerdings nicht davon aus, dass beim Gipfel am Dienstag schon über konkrete Euro-Beträge geredet werde. Dann will Kanzlerin Merkel nach Angaben einer Regierungssprecherin mit Vertretern der Autobranche über die "Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Produktion und Absatz der Branche sprechen".
Lobbyistin Müller betonte, ihr Verband wünsche sich eine "breite Förderung" nicht nur von Elektro- und Hybrid-Autos, sondern auch von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. "Wir könnten uns aber ein Stufenmodell vorstellen, bei dem bestimmte Antriebe noch zusätzliche Prämien bekommen"
Auch VW-Chef Diess drängte in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" auf eine Entscheidung "in den nächsten Wochen". Nun sei nicht die Zeit für "Grundsatzdiskussionen"; nötig sei vielmehr ein "Fokus auf die Konjunktur und Tempo". Es gehe bei der Prämie nicht speziell um die Autobranche, sondern um die Konjunktur insgesamt. Diess betonte, die Prämie dürfe nicht nur für Elektroautos gelten: "Wir brauchen die Prämie unabhängig von der Antriebsart, für das gesamte Produktangebot."
In der Politik stießen die Forderungen der Autobranche auf Skepsis. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans lehnte neue Kaufprämien für Neuwagen mit Verweis auf "die satten Gewinne der vergangenen Jahre" in der Autoindustrie ab. "Den Steuerzahler als Ausfallbürgen für die Dividenden der Anteilseigner zu betrachten, ist ein Unding", sagte Walter-Borjans gegenüber "Business Insider".
Grünen-Chef Robert Habeck forderte, eine Kaufprämie solle es allenfalls für ökologisch vorbildliche Fahrzeuge geben. Zudem müssten im Fall einer staatlichen Förderung Boni und Dividenden der betreffenden Unternehmen einbehalten werden, sagte er im Deutschlandfunk.
Habeck äußerte sich generell skeptisch zu einer Hilfsbedürftigkeit der Autobranche. "Einerseits brüstet sich die Automobilindustrie damit, wie gut sie dasteht, welche Gewinne sie gemacht hat", sagte er. "Auf der anderen Seite möchte sie Steuergelder haben, damit ihre Unternehmen gerettet werden. Das passt nicht zusammen."
Am Dienstag will Kanzlerin Merkel mit der Autobranche beraten, am Mittwoch wollen Kanzlerin und Ministerpräsidenten dann über weitere Schritte zur Lockerung von Corona-Auflagen im öffentlichen Leben entscheiden. BDI-Chef Dieter Kempf mahnte eine spürbare Öffnung an: "Unsere Unternehmen wollen und müssen wissen, in welchen Stufen das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben wieder anlaufen soll", sagte er den Funke-Zeitungen.
Auch der Hotel- und Gaststättenverband machte Druck. Am Mittwoch müssten "ein klarer Fahrplan für meine Branche und ein Rettungsfonds beschlossen werden", sagte Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges der "Bild am Sonntag". Merkel hatte allerdings bereits angekündigt, dass Lockerungen in der Gastronomiebranche erst bei den übernächsten Bund-Länder-Beratungen thematisiert werden sollten.
AFP.com
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