Die Mini-Playstation ist besser als ihr Ruf

  22 Mai 2020    Gelesen: 1232
Die Mini-Playstation ist besser als ihr Ruf

Mit 60 Euro oder auch mal weniger ist die Playstation Classic für Retrofans ein interessantes Gerät - denn sie lässt sich kinderleicht zur Universal-­Emulationskonsole machen. Dafür reicht schon ein USB-Stick.

Die Miniversion der ersten Playstation, die Ende 2018 in den Handel kam, war für Sony kein Glückgriff: Die Kundschaft kritisierte sowohl die Auswahl der 20 vorinstallierten Spiele als auch die Emulation selbst. Nicht nur ruckelten einige Titel, obendrein hatte Sony die langsameren 50-Hertz-PAL-Versionen statt der flüssigeren 60-Hertz-US-Varianten ausgewählt. Wenige Handgriffe lösen diese Probleme jedoch - und machen aus der ungeliebten Minikonsole obendrein noch ein taugliches Abspielgerät für etliche alte Spiele, zum Beispiel für Super Nintendo, Sega Megadrive, N64, Amiga oder C64.

Die Hardware der Playstation Classic ist leistungsstark: Als System-on-Chip kommt ein MediaTek MT8167A mit vier Kernen und 1,5 GHz zum Einsatz, gepaart mit einer PowerVR-GE8300-GPU und einem Gigabyte RAM. Das entspricht ungefähr den Spezifikationen des ebenfalls für Retrospiel-Emulationen beliebten Raspberry Pi 3B.

Was allerdings für die Playstation Classic spricht: Sie kostet mit derzeit 60 Euro nur etwas mehr als die blanke Raspberry-Pi-Platine, bringt aber neben einem neckischen Gehäuse im Playstation-1-Design zwei Original-Playstation-Controller plus HDMI-und USB-Kabel mit. Man muss daher im Unterschied zum Raspberry außer einem USB-Stick nichts extra kaufen, um losspielen zu können. Und: Manchmal bekommt man die Playstation Classic in Angeboten sogar für nur um die 40 Euro.

Davor, dass man die Playstation Classic beim Modifizieren versehentlich zu einem nutzlosen Stück Plastik macht, muss man keine Angst haben: Der im Folgenden beschriebene Hack funktioniert allein mit einem USB-Stick, den man in die USB-Buchse für den zweiten Controller steckt. Nimmt man den Stick aus der Konsole, verhält sie sich wieder wie ein komplett unmodifiziertes Modell.

Sparsame Sticks
Wir beschränken uns in diesem Artikel auf den sogenannten "AutoBleem"-Hack. Wer nicht davor zurückschreckt, die interne Firmware zu modifizieren, kann stattdessen auch die "Project-Eris"-Software (ehemals BleemSync) verwenden. Größter Vorteil dieses aufwendigeren Hacks ist die Unterstützung eines USB-OTG-Splitters, sodass man den USB-Stick mit der Software an der Micro-USB-Stromversorgungs-Buchse der Konsole anschließen kann - der Port für den zweiten Controller bleibt also frei.

Bei AutoBleem muss man hingegen darauf achten, einen kompatiblen USB-Stick zu verwenden: Der USB-Port für den zweiten Controller liefert nur 0,5 Watt, was gerade für neuere USB-3.0-Sticks zu wenig ist. Bei unseren Versuchen klappte es aber mit vielen älteren Sticks problemlos, zum Beispiel mit einem Sandisk Cruzer Blade (16 und 64 GByte).

Um loszulegen, muss man lediglich den Inhalt des AutoBleem-Zips auf den USB-Stick kopieren. Der Stick sollte mit dem FAT32- (empfohlen) oder dem ext4-Dateisystem formatiert sein. Außerdem muss der Datenträger den Namen "SONY" tragen.

Zusätzliche ROM- und Disk-Images kopiert man einfach auf den Stick: Playstation-1-Spiele müssen ins Verzeichnis "Games", Dateien für andere Systeme ins Verzeichnis "roms". Will man beispielsweise Spiele fürs Sega Megadrive spielen, erstellt man in "roms" einen "Megadrive"­-Ordner und kopiert dorthin die gewünschten ROM-Dateien.

Wer sich fragt, wo man diese auf legalem Wege bekommen kann: Für 11 Euro gibt es auf Steam das "Sega Mega Drive and Genesis Classics"-Paket, das aus über 50 Spielen besteht. Nach der Installation des Spielepakets findet man die ROM-Dateien im Ordner "Uncompressed ROMs" und kann diese direkt auf den AutoBleem-USB-Stick kopieren. Für andere Systeme gestaltet sich die Suche nach legalen Quellen für ROMs schwieriger - hierzu sollte man sich auf Fachwebsites informieren.

Das AutoBleem-Hauptmenü öffnet sich nach dem Einschalten mit einem Druck auf die Start-Taste. Das Menü zeigt eingangs nur Playstation-Titel, die Select-Taste holt die anderen emulierten Systeme auf den Schirm. Ins alternative Retro-Arch-Menü kommt man mit der Quadrat-Taste.

Das "c't"-Fazit
Zusammen mit AutoBleem mausert sich die preisgünstige Playstation Classic zur leistungsstarken Universal-Retrokonsole. Und dank ihres stilsicheren Gehäuses und der sehr guten Controller macht die Sony-Konsole mindestens genauso viel Spaß wie ein Raspberry Pi mit der Emulatoren-Sammlung RetroPie.

spiegel


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