Fast zehn Millionen Kinder könnten nicht zum Unterricht zurückkehren

  13 Juli 2020    Gelesen: 718
Fast zehn Millionen Kinder könnten nicht zum Unterricht zurückkehren

Dass Kinder zur Schule gehen, war in einigen Ländern schon vor Corona nicht selbstverständlich. Nach den Schulschließungen ist das Risiko nun hoch, dass viele nicht zum Unterricht zurückkehren.

Schon vor der Corona-Pandemie gingen 258 Millionen Kinder weltweit nicht zur Schule. Nach den Schulschließungen zur Eindämmung des Virus könnte diese Zahl bis zum Jahresende noch einmal deutlich steigen: Bei fast zehn Millionen Kindern besteht das Risiko, dass sie nicht wieder zum Unterricht zurückkehren und für immer vom Schulbesuch ausgeschlossen bleiben. Zu diesem Ergebnis kommt die Kinderhilfsorganisation Save the Children in einer Studie, die an diesem Montag vorgestellt wird.

Besonders betroffen seien Mädchen in ärmeren Ländern oder Konfliktregionen, die aufgrund der Schulschließungen und wirtschaftlicher Probleme von einem weiteren Unterrichtsbesuch abgehalten werden. Zum Beispiel weil Familien wegen der Folgen der Pandemie tiefer in Armut gerutscht sind und ihnen die Mittel für die Schulbildung ihrer Kinder fehlen. Der Studie zufolge müssen Kinder auch öfter mithelfen, das Überleben ihrer Familien zu sichern und Geld verdienen. Mädchen würden zudem in Frühehen gezwungen.

Die Pandemie verstärke den Teufelskreis aus Risiken wie Kinderarbeit, geschlechtsspezifischer Gewalt und Teenager-Schwangerschaften, heißt es in einer Mitteilung von Save the Children. Diese Risiken erhöhten sich, je länger Kinder der Schule fernblieben. Die gleichen Faktoren würden oft dafür sorgen, dass Kinder nicht wieder zum Unterricht zurückkehrten. "Zusammen mit dem starken Rückgang an Ausgaben für Bildung könnte der Covid-19-Ausbruch somit Millionen von Kindern die Zukunft verbauen."

Susanna Krüger, Vorstandsvorsitzende der Organisation in Deutschland, spricht angesichts der Ergebnisse von einem "globalen Bildungsnotstand, der vieles bereits Erreichte wieder gefährdet". Regierungen müssten dringend in Bildung investieren. "Jedoch erleben wir stattdessen Kürzungen von Bildungsetats und dadurch eine Vergrößerung der Kluft zwischen Arm und Reich, zwischen Mädchen und Jungen. Die Kinder, die schon jetzt am stärksten benachteiligt sind, erleiden die größten Rückschläge, denn sie haben keinen Zugang zu Fernunterricht oder anderen Arten von Bildung", mahnt Krüger. Ihre Eltern seien selbst Analphabeten oder könnten sie aus anderen Gründen nicht beim Lernen unterstützen. Diese Kinder drohten den Anschluss zu verlieren und ihre Schullaufbahn für immer zu beenden.

Kinder in West- und Zentralafrika am stärksten gefährdet
Am größten ist das Risiko, nicht mehr zur Schule zurückzukehren, der Studie zufolge in zwölf Staaten, die überwiegend in West- und Zentralafrika liegen, darunter Niger, Mali, Tschad, Nigeria und Senegal. Aber auch der Jemen und Afghanistan zählen dazu. In der überwiegenden Zahl dieser Länder sei die Schulbesuchs-Quote ohnehin niedrig, vor allem bei Mädchen und Kindern aus ärmeren Familien, teilt die Organisation mit. In 28 weiteren Staaten seien Kinder einem erhöhten Risiko ausgesetzt, dauerhaft der Schule fernzubleiben.

Die Hilfsorganisation fordert deshalb Regierungen auf, verstärkt Mittel für den Schulbesuch von Kindern zur Verfügung zu stellen. Kreditgeber sollten den ärmsten Staaten einen Aufschub der Schuldentilgung gewähren. Save the Children bezieht sich auf einen Bericht von "Save Our Education" wonach den ärmsten Ländern in den kommenden 18 Monaten aufgrund der weltweiten Rezession mindestens 77 Milliarden Dollar für Bildungsausgaben fehlen. Die Lücke könne sogar noch größer werden, wenn Gelder aus den Bildungsetats zur Eindämmung des Coronavirus umgeleitet werden. "Wenn wir diese Bildungskrise geschehen lassen, wird dies langfristige Folgen für die Kinder haben", sagt Krüger. "Das Ziel, bis zum Jahr 2030 allen Kindern Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung zu gewähren, würde in weite Ferne rücken." Die Interessen der Kinder müssen Vorrang vor den Forderungen von Kreditgebern haben.

Durch die weltweiten Schulschließungen gingen zwischenzeitlich 1,6 Milliarden Kinder und Jugendliche nicht zur Schule, aktuell liegt die Zahl Save the Children zufolge bei etwa einer Milliarde.

spiegel


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