"Historischer Tag für Europa"

  21 Juli 2020    Gelesen: 909
  "Historischer Tag für Europa"

"Ein Zeichen der Solidarität": Die Spitzenpolitiker der EU atmen nach der Einigung beim Corona-Krisengipfel auf. Kanzlerin Merkel sagte jedoch schwierige Diskussionen mit dem Europaparlament voraus.

Vier Tage und vier Nächte verhandelten die EU-Staaten über ein Programm zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie. Sie einigten sich schließlich auf ein 1,8 Billionen Euro schweres Finanzpaket (lesen Sie hier Details). Kanzlerin Merkel und andere Spitzenpolitiker der Mitgliedstaaten reagierten erleichtert.

"Das war nicht einfach", sagte Merkel. Für sie zähle aber, "dass wir uns am Schluss zusammengerauft haben". Es sei darum gegangen, Entschlossenheit zu zeigen. Neue Verhältnisse erforderten auch außergewöhnliche neue Methoden, sagte Merkel. Damit habe der Gipfel auch außergewöhnlich lange gedauert.

"Der Haushalt ist ausgerichtet auf die Zukunft Europas", sagte die Kanzlerin. Es gehe aber auch darum, dass der Binnenmarkt in einer der schwersten Krisen der Gemeinschaft weiter funktionieren könne. Sie sagte "sehr schwierige Diskussionen" mit dem Europaparlament voraus.

Auch Außenminister Heiko Maas begrüßte die Einigung: "Auch wenn der Anlauf lang war: Am Ende sind wir weiter gesprungen, als uns viele zugetraut haben", sagte der SPD-Politiker. "Die Europäische Union zeigt, dass sie auch in der schwersten Wirtschaftskrise ihrer Geschichte in der Lage ist, entschlossen und solidarisch zu handeln", laut einer Mitteilung des Auswärtigen Amts. Das sei "ein starkes Fundament, um alle Bürgerinnen und Bürger in Europa gut durch diese Krise zu bringen".

Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron würdigte die Einigung als große Leistung. "Historischer Tag für Europa!", schreib er auf Twitter. Der Franzose hatte sich gemeinsam mit Merkel für das milliardenschwere Programm gegen die Corona-Krise eingesetzt. 

EU-Ratspräsident Charles Michel und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen äußerten sich ebenfalls zufrieden. "Das ist die richtige Einigung für Europa zur richtigen Zeit", sagte Michel. Natürlich seien die Verhandlungen schwierig gewesen. Aber es seien eben auch "sehr schwierige Zeiten". Das Ergebnis sei jedenfalls ein "Erfolg für alle Europäer" und ein "Zeichen der Solidarität".

Von der Leyen sprach von einer historisch schnellen Entscheidung für den von ihr vorgeschlagenen Hilfsfonds zur Bewältigung die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise. Sie hob hervor, dass sie den 750 Milliarden Euro schweren Corona-Fonds erst vor zwei Monaten vorgeschlagen hatte: "Das ist in der Historie der EU ein absoluter Rekord für ein neues Haushaltsinstrument."

In dem Paket wurde auch eine Klausel beschlossen, um die Auszahlung von EU-Geldern an Rechtsstaatlichkeit zu koppeln. Sowohl von der Leyen als auch Michel wiesen Vorwürfe zurück, dass hierbei eine starke Lösung zugunsten des Kompromisses geopfert wurde. Mit qualifizierter Mehrheit könnten bei Verstößen Maßnahmen ergriffen werden, sagte von der Leyen.

Gleichwohl hätten die Staats- und Regierungschefs bei der Suche nach einem Kompromiss "weitreichende Anpassungen" am Haushalt vorgenommen, beklagte von der Leyen. Davon betroffen seien unter anderem die Bereiche Gesundheit und Migration. "Das ist bedauerlich." Es verringere den innovativen Teil des Haushalts.

Italiens Conte: "Wir sind zufrieden"
Trotz schwieriger Verhandlungen blieben die Beziehungen zur EU stark, sagte der niederländische Regierungschef Mark Rutte. Ähnlich zufrieden äußerte sich auch Italiens Premier Giuseppe Conte: Mit dem Programm lasse sich die Krise "wirksam bekämpfen". Ein "guter Teil" der Hilfen werde nach Italien fließen, er nannte die Zahl von 28 Prozent. "209 Milliarden (Euro) sind für Italien vorgesehen", sagte der parteilose Jurist. "Wir müssen uns jetzt beeilen, wir müssen das Geld für Investitionen und Strukturreformen ausgeben", kündigte Conte an. Italien habe seine Würde und seine Autonomie bewahrt.

Italien mit seiner ohnehin angeschlagenen Wirtschaft leidet unter den Folgen der Corona-Krise besonders. In dem Mittelmeerland starben mit oder an der Viruskrankheit bisher mehr als 35.000 Menschen.

spiegel


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