Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat einen Besuch im überfüllten Flüchtlingscamp Moria auf der griechischen Insel Lesbos aus Sicherheitsgründen abgebrochen.
Laschet hatte nach dem Besuch des Container-Bereichs eine Visite im sogenannten wilden Teil außerhalb des Camps geplant. Auf Anraten des örtlichen Sicherheitschefs wurde der Besuch in dem Teil kurzfristig abgesagt. Zuvor hatten sich Gruppen von Flüchtlingen aus Afghanistan und Afrika versammelt und in Sprechchören "Free Moria" gerufen. Ein starkes Aufgebot an Sicherheitskräften schirmte Laschet von den Flüchtlinge ab.
Im und um das Lager Moria kommt es immer wieder zu Schlägereien und Messerstechereien zwischen Migranten verschiedener Nationalitäten. Vor allem im wegen der Überfüllung des Hauptlagers gebildeten Satellitencamp herrscht Gesetzlosigkeit. Zuletzt kam es in den überfüllten Lagern auch vermehrt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen unter den Bewohnern. Ein afghanischer Asylsuchender ist kürzlich in der Nähe des Flüchtlingslagers Moria erstochen worden.
Seit Jahresbeginn wurden in dem Lager in Moria mindestens sieben Asylsuchende bei Auseinandersetzungen erstochen, darunter ein Minderjähriger und eine Frau. Ein Dutzend weitere Menschen wurden verletzt.
Über den Abbruch des Besuchs von Laschet in Moria berichteten unter anderem Reporter von WDR und "Bild", die den Bewerber um den CDU-Vorsitz und möglichen Unionskanzlerkandidaten Laschet nach Griechenland begleitet hatten:
Das 2015 auf einer früheren Militäranlage errichtete Aufnahmezentrum ist das größte Flüchtlingslager Europas und restlos überfüllt. Anschließend fuhr der NRW-Regierungschef in das Camp Kara Tepe. In dem als "Vorzeigelager" geltenden Camp halten sich etwa 1300 Menschen auf. Dieser Besuch lief zunächst ohne Zwischenfälle ab.
Laschet will sich im Dezember um den CDU-Bundesvorsitz bewerben und gilt damit auch als möglicher Kanzlerkandidat. Der CDU-Politiker war am Montag vom griechischen Premier Kyriakos Mitsotakis empfangen worden. Dabei hatte sich Laschet im Namen der Bundesregierung für eine europäische Lösung der Flüchtlingskrise in Griechenland eingesetzt.
Die EU kommt bei einer Einigung über eine geplante gemeinsame Asylreform seit Jahren kaum voran. Italien, Malta, Spanien, Griechenland und Zypern dringen auf einen verpflichtenden Mechanismus zur Verteilung von Migranten. Ungarn, Tschechien, Polen, Estland, Lettland, die Slowakei und Slowenien wollen hingegen das Gegenteil. In einem Brief an die EU-Kommission betonen die sieben Länder ihre Ablehnung einer verpflichtenden Verteilung "in jeder Form". Im September will die EU-Kommission neue Vorschläge vorlegen.
Um Griechenland zumindest ein wenig zu unterstützen, nimmt Deutschland eine Gruppe kranker Minderjähriger und Mitglieder ihrer Familien auf aus den Flüchtlingslagern auf.
Es handelt sich um 85 Minderjährige und 90 Familienangehörige, die am vergangenen Donnerstag aus Athen nach Deutschland fliegen sollten. Die Abreise trage "zur Entlastung der Inseln bei", sagte der griechische Migrationsminister Giorgos Koumoutsakos. Die Lager auf den griechischen Inseln im Osten der Ägäis beherbergen weitaus mehr Menschen als vorgesehen. Im Camp Moria Lesbos leben derzeit etwa 17.000 Geflüchtete, ausgelegt ist es jedoch nur für 3000.
Deutschland will nach einem Beschluss der Großen Koalition aus dem März 350 bis 500 Kinder von den griechischen Ägäisinseln aufnehmen. Zwei Gruppen sollen für die Aufnahme infrage kommen: Kinder, bevorzugt Mädchen, die ohne ihre Familie unterwegs sind, sowie schwer kranke Kinder und Jugendliche, die dringend behandlungsbedürftig sind.
spiegel
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