Der DFB ist erleichtert, Blatter trinkt Glühwein

  27 Februar 2016    Gelesen: 888
Der DFB ist erleichtert, Blatter trinkt Glühwein
Das Ober-Wallis steht Kopf, schon wieder ist einer der ihren Präsident der Fifa. Auch DFB-Interimschef Rainer Koch ist froh, dass Gianni Infantino den Job macht. Davon, dass nun wahllos Geld verteilt werde, könne keine Rede sein.
In Brig, wo der neue Präsident der Fifa herkommt, gibt’s heute Gianni-Brot. Das hatte Philibert Imboden vor der Wahl versprochen und es der Schweizer Boulevardzeitung "Blick" erzählt. In seiner Dorfbäckerei kauft Gianni Infantino stets ein Roggenbrot, wenn er seine Mutter besucht. "Am liebsten mag er das mit den Früchten drin." Nun wird Imboden ihm ein eigenes Brot widmen. Im Ober-Wallis also ist die Welt noch in Ordnung; erst Recht, seit Infantino es tatsächlich bis zum Präsidenten des Weltfußballverbandes geschafft hat.

Und wer jetzt noch bedenkt, dass Joseph Blatter, der für sechs Jahre gesperrte Ex-Präsident aus dem gleichen Tal stammt wie Infantino und sein Heimatdorf Visp nur neun Kilometer von Brig entfernt ist, der könnte an ein echtes Schweizer Bergmärchen glauben. Blatter jedenfalls ließ flugs schöne Grüße ausrichten, er freue sich, dass Infantino "wie ich" aus dem Ober-Wallis komme. "Ich habe mit Gianni in der Weihnachtszeit noch Glühwein getrunken und ihm Tipps gegeben."

"Doch eine etwas vereinfachte Sichtweise"

Nun stammt Rainer Koch nicht aus dem Wallis, sondern ist in München aufgewachsen. Und dass der Jurist ein Faible für Märchen hat, ist auch nicht bekannt. Aber zufrieden war der Interimspräsiden des Deutschen Fußball-Bundes ebenfalls, dass sich die Vertreter der 207 stimmberechtigten Mitgliedsländer der Fifa am frühen Freitagabend in Zürich für den Schweizer Infantino entschieden hatten - und mithin für den Kandidaten, auf den der DFB und der Europäische Verband, die Uefa, gesetzt hatten. Mit seinem Übergangskollegen Reinhard Rauball und dem designierten Chef des DFB, Reinhard Grindel, bildete Koch die deutsche Delegation bei diesem außerordentlichen Kongress. Koch wollte nach der Wahl beim Gespräch im Hallenstadion nichts davon wissen, dass Infantino vor allem deshalb gewählt worden sei, weil er in seiner Rede vor der Abstimmung mehr Geld für alle versprochen hatte.

Dabei applaudierten die Delegierten am lautesten, nachdem Infantino verkündet hatte: "Das Geld ist nicht das Geld der Fifa. Und auch nicht das des Präsidenten. Es ist Ihr Geld." Das hatte auch Koch gehört, nur: "Es ist doch eine etwas vereinfachte Sichtweise, Infantinos Wahlerfolg damit zu verbinden, er habe gemeint, dass nun wahllos Geld ausgeschüttet wird. Ich finde es sehr richtig, dass das Geld der Fifa sachgerecht eingesetzt wird - für Projekte überall in der Welt." Wichtig sei, das betonte Koch mehrfach, dass das Geld "transparent und kontrolliert" eingesetzt werde. Als Beispiele nannte er die Nachwuchsfußballer und die Tatsache, dass "in 25.000 deutschen Vereinen Flüchtlingshilfe gemacht wird". Das sei doch in Ordnung. Nun steht aber die Fifa auch deshalb im Visier der Strafverfolger aus den USA und der Schweiz, weil der Weltverband nach 17 Jahren unter Blatter weniger ein karitativer Strukturhilfefonds als vielmehr ein Geldverteilungsladen für alte Männer ist. So räumte Koch auch ein: Gegen die Regeln der Transparenz sei "natürlich das eine oder andere Mal - vielleicht auch nicht nur das eine oder andere Mal, sondern viel zu oft - verstoßen worden".

"Das größte Trauma, wenn die Fifa zerstört würde"

Eben darum habe der Kongress ein umfangreiches Reformpaket beschlossen. "Das bewerte ich als sehr positiv. Das war ja weit mehr als die erforderliche Zweidrittelmehrheit in einer korrekten, geheimen Abstimmung. Das ist nicht die Rettung der Fifa. Aber es ist ein Signal in die richtige Richtung." Er gehöre nicht zu denen, "die einen Lösungsweg darin sehen, die Fifa zu schließen und einen neuen Weltverband zu errichten". Für ihn wäre "das größte Trauma, wenn die Fifa zerstört würde und wir wie im Boxen am Ende vier Weltmeister hätten, weil wir uns nicht mehr auf eine Weltorganisation einigen könnten".

Bleibt die Frage, ob Infantino der richtige Mann ist, um den Fußball auf der Welt zu einen. Schließlich war er es, der im Frühjahr 2013 als Generalsekretär der Uefa zusammen mit seinem Chef Michel Platini wichtige Reformvorhaben in der Fifa torpediert hatte. Das weiß auch Koch - und sagt: "Ich bin jemand, der nach vorne schaut. Es kommt jetzt darauf an, dass in den beschlossenen Strukturen die neue Fifa auch gelebt wird. Das ist die Position des DFB. Insoweit wird Infantino zu beweisen haben, dass er auch in diesen neuen Strukturen die Fifa führen wird." Er sei überzeugt, "dass eine Neuordnung der Fifa gelingen kann."

Nun: Wenn der Ober-Walliser Infantino etwas in seiner Zeit als Funktionär gelernt hat, dann, wie man Allianzen schmiedet und diese auch belastbar besiegelt. Wer allerdings glaubt, die Delegierten hätten ihn allein deshalb zum Präsidenten des größten und wichtigsten Sportverbandes dieses Planeten gewählt, weil er fließend Italienisch, Deutsch, Französisch, Spanisch und Englisch spricht, wie er es bei seiner durchaus charmanten Wahlrede am Freitagmittag tat, der glaubt auch daran, dass ein Roggenbrot mit Früchten Wunder bewirkt.

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