Die Zukunft des FC Bayern heißt Gnabry

  20 Auqust 2020    Gelesen: 665
  Die Zukunft des FC Bayern heißt Gnabry

Der FC Bayern spielt seit dem 3. November 2019 eine erstaunliche Saison. Diese soll nun am Sonntag im Finale der Champions League mit dem Triple gekrönt werden. Dabei ruhen die Hoffnungen einmal mehr auf dem spektakulären Unterschiedsspieler Serge Gnabry.

Thomas Müller hatte auch an diesem Mittwochabend einen großen Moment. Es war allerdings nur einer, nicht so zahlreiche wie zuletzt noch gegen den FC Barcelona. Und der große Moment, den Thomas Müller nun beim Halbfinalsieg seines FC Bayern gegen Olympique Lyon (3:0) in der Champions League hatte, den haben viele gar nicht so richtig wahrgenommen. So war Thomas Müller auch gar nicht am Ball, als er für sein Team einen wichtigen Dienst übernahm. Er machte einfach mal wieder das, was er so oft macht. Er rannte los, in einen unbesetzten Raum. Und weil sich in der Welt (wieder) herumgesprochen hat, dass es nie eine gute Idee ist, den 30-Jährigen einfach unbewacht raumdeuten zu lassen, ging Marcelo mit.

Marcelo ging - und Serge Gnabry kam. Der Flügelstürmer der Münchner hatte es fortan nur noch mit vier und nicht mit fünf Gegnern zu tun. Den ersten wackelte er aus, zwei weitere ließ er abprallen und dem vierten Begleiter schlenzte er den Ball wuchtig links um den Körper ins Tor der Lyoner. Vorbei auch noch an Torwart Anthony Lopes, der trotz maximaler Körperstreckung machtlos war. Es war die überraschende Befreiung des Rekordmeisters nach einer ziemlich wackligen Anfangsphase, in der Dampfhammer Leon Goretzka zwar auch schon eine Chance vergeben hatte, die aber sonst von luftigen Abwehrmomenten und üppigen Anleihen bei wohlgesonnenen Schutzengeln (Außennetz und Pfosten) geprägt war.

Auf Glück folgt Gnabry

"Mit Glück" habe man die erste Phase des Spiels überstanden, gestand Trainer Hansi Flick. Und mit dem perfekten Timing gekontert. Nur 58 Sekunden nachdem Karl Toko Ekambi den diesmal nicht so starken Alphonso Davies ausgewackelt hatte, David Alaba ins Leere grätschen ließ, dann aber bloß den Pfosten traf, kam Gnabry. Er kam von rechts wie einst Arjen Robben. Tempo, Stabilität, Beharrlichkeit und Abschluss, das erinnerte wieder einmal an den großen Niederländer, der den Klub im vergangenen Sommer verlassen musste und nun bei Jugendklub FC Groningen verzweifelt um sein Comeback nach Rücktritt kämpft. "Letztendlich war die Einzelleistung von Serge eine Beruhigung im Spiel. Das hat uns die Sicherheit gegeben", bekannte Flick. Es war indes eine Sicherheit, die immer wieder in Gefahr geriet. Zu renitent wehrte sich Lyon gegen das Aus.

Während die spektakuläre Reise von Olympique nach einer eigentlich schwachen Saison in der Ligue 1 nun abrupt und ohne Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb (erstmals seit 2003) zu Ende geht, sind die Münchner nur noch einen Schritt von der Krönung der perfekten Saison entfernt, die mit dem Wechsel von Niko Kovac zu Hansi Flick am 3. November eigentlich erst begonnen hatte: Meisterschaft und Pokalsieg sind da nur die haptischen Belege für die außerordentliche Entwicklung des Teams. In der Bewunderung über Power und Dominanz, über die sportlichen Wiedergeburten von Thomas Müller und Jérôme Boateng, über die Weltfußballer-Saison von Robert Lewandowski, geht fast ein wenig unter, wie sehr Gnabry ein fast unmöglich zu füllendes Vakuum erfolgreich besetzt hat: das von Robben.

Die große Bühne ist seine Bühne

In 45 Pflichtspielen hat der Rechtsaußen 23 Tore erzielt und 14 vorbereitet. Und ganz besonders geglänzt hat er in der Champions League. Beim bizarren 7:2-Erfolg in der Vorrunde gegen die Tottenham Hotspur traf er vier Mal (!). Das Hinspiel im Achtelfinale gegen den FC Chelsea wurde zu seiner Show (und zu der von Alphonso Davies). Bei der Demütigung des FC Barcelona war er einer der Allerbesten der Besten. Und gegen Lyon nun eben der Mann, der erst spektakulär (18.) und später mühelos (33.) verhinderte, dass sich der FC Bayern zur "weltweiten Lachnummer" machte, wie Klublegende Giovane Elber vorab im Falle einer Niederlage befürchtet hatte.

"Das 1:0 war absolut herausragend, wie er es abgeschlossen hat und wie er es selbst vorbereitet hat", begeisterte sich Flick. "Wenn man die Entwicklung von Serge die letzten Jahre sieht, nicht nur beim FC Bayern, sondern auch bei der Nationalmannschaft, dann muss man sagen, dass er schon nahe an einem Weltklassespieler ist." Und absolut unverzichtbar. Die rechte Seite, die hat er sich binnen vier Jahren eindrucksvoll erobert. Vom Ergänzungsspieler beim FC Arsenal über Werder Bremen und Hoffenheim ist er zum leisen Anführer beim FC Bayern und der Nationalmannschaft geworden. Schon vergangene Saison, seiner ersten in München, staunte Präsident Uli Hoeneß über die phänomenale Entwicklung von Gnabry.

"Er hat Tempo zum Tor und eine gute Technik, er kann verschiedene Ebenen spielen. Er ist für den Gegner schwer zu greifen. Gnabry spielt bei mir immer", hatte Bundestrainer Joachim Löw im vergangenen Herbst über den 25-Jährigen gesagt. Für das post-watutinkische Spiel sind das zentrale Elemente der Spielidee des Bundestrainers. Wenn's wichtig wird, dann übernimmt jetzt Gnabry. Im DFB-Team. Im Verein. Den großen Moment von Müller, den sagte er übrigens auch an. Wie in der Geisterspiel-Atmosphäre über die Stadionmikrofone zu hören war, rief er dem 30-Jährigen zu: "Geh du rein, geh du rein". Gesagt, gedeutet.

Quelle: ntv.de


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