Testpflicht für Rückkehrer überfordert Ämter

  21 Auqust 2020    Gelesen: 638
Testpflicht für Rückkehrer überfordert Ämter

Rückkehrer aus einem Corona-Risikogebiet nach Deutschland müssen sich testen lassen, mit sogenannten Aussteigekarten sollen die Gesundheitsämter die Testpflicht überprüfen. Doch die neue Maßnahme stellt die Behörden offenbar vor Probleme. Es mangelt nicht nur an Personal.

Die steigende Zahl der Corona-Tests sorgt für einen enormen bürokratischen Aufwand. Laut einem Bericht des "rbb" sind die Gesundheitsämter nicht in der Lage, die Überprüfung der Corona-Testpflicht bei Rückkehrern aus Risikogebieten zu gewährleisten. So habe das Bezirksamt Berlin-Neukölln auf Anfrage mitgeteilt, dass Kontrollen nur stichprobenartig vorgenommen werden. Flächendeckend sei dies personell nicht zu leisten.

Der neuen Verordnung von Gesundheitsminister Jens Spahn zufolge müssen Betroffene eine Aussteigekarte ausfüllen, welche an die Behörden weitergeleitet wird. Dort müssen die Rückkehrer sich innerhalb von 72 Stunden melden, um sich testen zu lassen. Bis zum Ergebnis ist eine Quarantäne angeordnet. Anhand der Karten soll die Testpflicht nachgeprüft werden.

Doch für Patrick Larscheid, Amtsarzt des Berliner Bezirks Reinickendorf, seien die Karten im Moment lediglich dazu da, um die angeordnete Quarantäne nach der Rückkehr zu überprüfen, ebenfalls nur in Stichproben. Der Nutzen sei "fraglich, der Aufwand immens und das Personal aktuell woanders effektiver und effizienter einsetzbar".

Auch der Berliner Gesundheitsstadtrat Detlef Wagner räumt dem "rbb" gegenüber ein, dass die Gesundheitsämter mit der neuen Maßnahme überfordert seien. "Wir können es niemals schaffen, anhand jeder Aussteigekarte zu überprüfen, ob der dazugehörige Mensch auch wirklich einen Test gemacht hat." Viel wichtiger seien Passagierlisten, um positive Corona-Fälle besser nachverfolgen zu können. Wagner hoffe in Zukunft auf ein System, bei dem ohne Handarbeit ersichtlich werde, ob sich ein Rückkehrer testen lassen habe.

Bundeswehr unterstützt Flughäfen

Den Berliner Flughafen Tegel stellt die Masse an Aussteigekarten auch vor Probleme. Täglich kämen laut Wagner 2000 bis 3000 Passagiere aus Risikogebieten zurück, alleine im August müsse das für Tegel zuständige Gesundheitsamt somit gut 30.000 Karten abarbeiten. Es seien Bundeswehrsoldaten im Einsatz, um die Karten zu sortieren und an die letztlich zuständigen Ämter weiterzureichen. Denn landet ein Rückkehrer etwa in Berlin, wohnt aber woanders, müsse das Berliner Amt seine Karte an die Behörde des jeweiligen Wohnorts schicken - weiterer bürokratischer Aufwand.

Am größten deutschen Flughafen Frankfurt am Main sind ebenfalls Soldaten im Einsatz, um die Rückkehrkarten per Fax oder sogar per Brief in die ganze Bundesrepublik schicken. Ein Mitarbeiter des Frankfurter Gesundheitsamtes, der anonym bleiben möchte, spricht gegenüber dem "rbb" von einer "unfassbaren Menge beschriebenes Papier", die bearbeitet werden müsse. Das Sortieren der Karten sei sehr aufwändig und habe kaum Konsequenzen. Die Gesundheitsämter seien ohnehin überlastet, eine Einhaltung der Testpflicht und eine Überprüfung der Quarantäne kaum durchsetzbar.

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft plädiere daher zeitnah auf eine digitale Lösung, sodass auf analoge Karten verzichtet werden könne. Bis dahin solle die Übermittlung der Daten an die zuständigen Ämter zumindest standardisiert werden. "Eine pragmatische und effiziente Lösung ist aus unserer Sicht, wenn an jedem Flughafen seitens der Behörden eine zentrale Stelle eingerichtet werden könnte, an der die Mitarbeiter der Fluggesellschaften die Karten abgeben", so Verbandssprecherin Claudia Nehring.

Quelle: ntv.de, mdi


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