Wechsel von Berlin nach Beirut: Libanons bisheriger Botschafter in Deutschland soll neuer Ministerpräsident seines Landes werden. Die wichtigsten Blöcke des Parlaments einigten sich auf den 48 Jahre alten Mustafa Adib als Premier.
Staatschef Michel Aoun habe Adib mit der Bildung einer Regierung beauftragt, teilte ein Sprecher des Präsidentenpalastes mit. Die bisherige Regierung war nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut vor vier Wochen zurückgetreten.
Adib ist seit 2013 Botschafter in Berlin. Der libanesischen Öffentlichkeit ist der promovierte Rechts- und Politikwissenschaftler eher unbekannt. Bisher hatte er keine politischen Spitzenämter inne.
Der bisherige Ministerpräsident Hassan Diab hatte nach der Explosion in Beirut mit mehr als 180 Toten und mehr als 6000 Verletzten den Rücktritt der Regierung erklärt. Die höchsten Staatsämter werden im Libanon nach einem jahrzehntealten Proporzsystem unter den größten Konfessionen verteilt. Der Präsident muss immer ein Christ sein, der Premier ein Sunnit und der Parlamentschef ein Schiit.
Für den Libanon ist es der zweite Regierungswechsel in weniger als einem Jahr. Diab hatte das Amt des Ministerpräsidenten erst im Frühjahr übernommen, nachdem sein Vorgänger Saad al-Hariri im vergangenen Oktober nach Massenprotesten seinen Rücktritt erklärt hatte. Hariri, der die größte Sunnniten-Partei im Libanon anführt, hatte sich zuletzt für Botschafter Adib als neuen Premier ausgesprochen. Auch die mächtige Schiiten-Partei Hisbollah stellte sich hinter die Nominierung.
Macron soll auf rasche Regierungsbildung gedrängt haben
Am Montagabend wird der französische Präsident Emmanuel Macron im Libanon erwartet. In libanesischen Regierungskreisen hieß es der Nachrichtenagentur Reuters zufolge, Macron habe die Führung in Beirut gedrängt, sich rasch auf einen neuen Ministerpräsidenten zu einigen.
Das Land am Mittelmeer leidet seit Langem unter einer schweren Wirtschaftskrise. Demonstranten bei Massenprotesten fordern grundlegende politische Reformen. Sie werfen der politische Elite des Landes unter anderem Korruption und Selbstbereicherung vor.
spiegel
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