Gewalt seiner Anhänger zu verurteilen weigert sich Trump

  01 September 2020    Gelesen: 736
Gewalt seiner Anhänger zu verurteilen weigert sich Trump

Auch auf Nachfrage hat sich der US-Präsident nicht von den Vorfällen in Portland und Kenosha distanziert. Die tödlichen Schüsse eines seiner Sympathisanten stellte er als Notwehr dar.

Die Aufnahmen aus der Stadt Kenosha hatten in der vergangenen Woche für Bestürzung gesorgt. Ein 17-Jähriger war mit einem Sturmgewehr durch die Straßen gezogen und hatte schließlich mutmaßlich zwei Menschen erschossen und eine weitere Person schwer verletzt. Nun hat sich Präsident Donald Trump zu dem Vorfall geäußert - und eine Verurteilung der Schüsse ausdrücklich vermieden.

"Wir haben alle dieselben Aufnahmen gesehen. Er versuchte, von ihnen wegzukommen, vermute ich", so Trump im Weißen Haus mit Blick auf die Konfrontation zwischen dem Teenager und Gegendemonstranten. In der Stadt in Wisconsin waren nach den Polizeischüssen auf den Schwarzen Jacob Blake viele Menschen auf den Straßen unterwegs gewesen, es kam zu erheblichen Sachbeschädigungen. "Dann ist er gestürzt und sie haben ihn sehr brutal angegriffen", so Trump weiter.

Im Wahlkampf versucht er derzeit, sich als Law-and-Order-Präsident darzustellen. Kritiker, darunter sein demokratischer Herausforderer Joe Biden, werfen ihm vor, dafür Gewalt und die Spaltung der Gesellschaft noch zu befeuern.

Über die tödlichen Schüsse von Kenosha sagt der US-Präsident weiter: "Es wird derzeit untersucht. Aber ich glaube, er war in einer sehr brenzligen Situation - und wäre vermutlich umgebracht worden." Nach bisherigem Stand der Ermittlungen hatten die beiden späteren Todesopfer versucht, dem Teenager das AR-15-Gewehr abzunehmen, als dieser auf sie schoss.

Der 17-Jährige soll in der Vergangenheit eine Trump-Wahlveranstaltung besucht und in den sozialen Medien Sympathien für den Präsidenten und Pro-Polizei-Gruppen gezeigt haben. Ihm wird unter anderem zweifacher Mord vorgeworfen. Sein Anwalt hat angekündigt, die Schüsse als Selbstverteidigung darstellen zu wollen. Auf Fox News, einem der erklärten Lieblingssender des Präsidenten, hatte sich Moderator Tucker Carlson positiv über das Vorgehen des jungen Manns geäußert.

Auch zu den jüngsten Vorgängen in Portland nahm Trump Stellung. Dort waren Tausende seiner Anhänger in einem Autokorso durch die Stadt gefahren. Einige von ihnen hatten Farbpatronen und Reizgas: gegen Black-Lives-Matter-Demonstranten eingesetzt. "Das war ein friedlicher Protest. Und Farbe ist nicht - Farbe ist zur Verteidigung da. Farbe ist nicht Kugeln", erklärte Trump.

Auf Nachfrage einer CNN-Journalistin sagte er: "Ihre Unterstützer haben auf einen jungen Mann geschossen - und ihn getötet. Nicht mit Farbe, sondern mit einer Kugel. Ich finde das abscheulich. Diese Leute haben friedlich demonstriert." In Portland war ein Mann erschossen worden, der offenbar mit rechtem Gedankengut in Verbindung stand. Die genauen Umstände sind aber noch ungeklärt, Trump bekundete aber über Twitter sein Beileid.

Trump kommt nach Kenosha - trotz Ausladung
Er liegt in den Umfragen vor der Wahl am 3. November klar hinter Biden. Unter normalen Umständen wäre der amtierende US-Präsident wohl mit den Verweisen auf eine boomende Wirtschaft in das Wahlkampffinale gezogen. Doch Coronavirus und Rekordarbeitslosigkeit machen das schwierig.

Daher versuchen er und sein Wahlkampfteam, die Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus in zahlreichen Städten auszunutzen. Unter anderem wirft er den oft demokratischen Bürgermeistern und Gouverneuren Schwäche vor - und dehnt diese Vorwürfe auch auf Biden aus.

Schon morgen will Trump nach Kenosha reisen, um sich vor Ort ein Bild zu machen. Dabei hatte der Gouverneur von Wisconsin ausdrücklich gebeten, den Besuch abzusagen. Mit der Familie von Jacob Blake wird Trump bei seiner Reise nach bisherigem Stand nicht zusammentreffen.

spiegel


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