Anleger haben genug von Tech-Riesen

  04 September 2020    Gelesen: 586
Anleger haben genug von Tech-Riesen

Lange hat die Jagd der Anleger auf Tech-Schwergewichte wie Amazon und Google keine Pause gemacht. Der Kurseinbruch gestern ist für viele praktisch aus dem Nichts gekommen - dabei war die Korrektur angesichts des anhaltenden Höhenflugs schon lange überfällig.

Der scheinbar aus dem Nichts erfolgte Kurseinbruch des US-Techsektors war ein Realitäts-Check für die Anleger. Nachdem sich der Nasdaq von den März-Tiefs fast verdoppelt hatte, war es nur eine Frage des "Wann" es zu der schon lange überfälligen Korrektur kommen würde. Die Volatilität an den Börsen dürfte auch in den kommenden Wochen hoch bleiben, denn zunehmend werden die US-Präsidentschaftswahlen zum Marktthema.

Die Korrektur im US-Technologieaktien ist über den Sektor hinaus wichtig, war doch die Rally an den US-Börsen zuletzt hauptsächlich von den FAANG-Aktien, also Amazon & Co, getragen worden. Das hat die Bewertungen in überaus sportliche Höhen getrieben: Für den Nasdaq-100 liegt das Kurs-Buch-Verhältnis (KBV) mit 8,1 laut Commerzbank klar über dem langjährigen Mittel von 4,1. Das KBV für den S&P 500 liegt mittlerweile bei 3,8, verglichen mit einem Zehn-Jahresdurchschnitt von 2,6. Optionsmärkte preisen Anstieg der Volatilität ein. Dass die Börsen angesichts solcher Höhenflüge früher oder später die Luft rauslassen würden, überrascht nicht.

Optionsmärkte haben bereits seit längerem eine höhere Volatilität eingepreist. Auch um den Zeitpunkt der US-Präsidentschaftswahlen wird mit hohen Marktschwankungen gerechnet. Verwundern kann das nicht, erinnert US-Präsident Donald Trump doch fast täglich daran, dass er nur durch Wahlbetrug verlieren kann - eine mögliche Verfassungskrise zeichnet sich ab.

Hauptverantwortlich dafür, dass das Kurs-Gewinn-Verhältnis im S&P-500 trotz der Corona-Pandemie mittlerweile 40 Prozent über dem historischen Durchschnitt liegt, ist die Liquiditätsflut der Zentralbanken. Ein Ende ist nicht in Sicht. Die US-Notenbank hat jüngst ihr Inflationsziel von 2 Prozent fallen lassen und dieses durch ein flexibles ersetzt. Konkret heißt das, dass die Fed zukünftig Inflationsraten von mehr als 2 Prozent dulden wird, um so Phasen zu niedriger Preissteigerungen auszugleichen.

Euro-Stärke gefällt EZB gar nicht

Für Risiko-Assets sind das per se gute Nachrichten, müssen Anleger doch künftig nicht mehr davon ausgehen, dass die Fed bei steigender Inflation geldpolitisch gegensteuern wird. Der Schwenk der US-Notenbank ist zunächst von geringer praktischer Bedeutung, wurden an den Märkten doch bereits vor dem Strategiewechsel Nullzinsen auf Jahre eingepreist. Auf einem ganzen anderen Blatt steht, ob es der Fed überhaupt gelingen wird, höhere Inflationsraten zu generieren - Japan lässt grüßen. Die geldpolitische Wende der US-Notenbank dürfte die EZB nicht unbeeindruckt lassen. Die Ergebnisse der Strategieprüfung werden aber erst im kommenden Jahr erwartet.

Bei der geldpolitischen Sitzung am kommenden Donnerstag dürften die Anleger wenig Neues erfahren. Mit Maßnahmen wird nicht gerechnet. Marktbewegend könnten indes mögliche Kommentare wegen der Euro-Stärke der vergangenen Monate werden. Die Stärke stört die EZB, drückt sie doch auf die ohnehin niedrige Inflation im Euroraum.

Derweil hat das fundamentale Umfeld auch einiges Positives zu bieten. So deuten die Wirtschaftsdaten eine anhaltende Erholung an. Das sollten auch die Daten zur Industrieproduktion aus Deutschland, Frankreich und Italien in der kommenden Woche zeigen. Wichtiger noch: In der Zwischenzeit wird fest davon ausgegangen, dass bis Ende des Jahres einer oder möglicherweise gleich mehrere Covid-19-Impfstoffe vorliegen werden. Das lässt auf eine Normalisierung des Lebens 2021 hoffen.

Eine Phase erhöhter Volatilität muss für die Anleger keine schlechte Nachricht sein. Immerhin ermöglicht sie den Markt-Einstieg zu günstigeren Preisen. Auch die Korrektur der FAANG-Aktien liegt letztlich im Interesse der Investoren. Denn dass es sich um mehr als eine Korrektur handelt, glaubt kein Börsianer. Die Gelddruckwut der Notenbanken und ein Meer negativer Marktzinsen stellen sicher, dass man auch in Zukunft um Aktien nicht herumkommen wird.

Quelle: ntv.de, jki/DJ


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