Welche Testverfahren gibt es derzeit?
Aktuell gibt es mehrere Möglichkeiten, um eine Infektion mit dem Sars-CoV-2-Virus nachzuweisen. Die gängigste Variante sind PCR-Tests. Dabei werden Proben im Labor auf Erbinformationen (RNA) des Virus untersucht. PCR-Schnelltests benutzen dieselbe Methode. Ein anderer Schnelltest ist der Antigen-Test. Der weist aber nicht Erbgut (RNA) nach, sondern die Proteinhülle des Virus. Die vierte Methode sind Antikörpertests, die eine bereits überstandenen Corona-Infektion nachweisen können, bei der der Körper bereits Antikörper gebildet hat.
Wie unterscheiden sich Schnelltests von Standard-PCR-Tests?
PCR-Schnelltests funktionieren grundsätzlich wie herkömmliche PCR-Tests, bei denen RNA in Nasen- oder Rachenabstrichen gesucht wird. Aber statt die Probe an ein Labor zu schicken, können sie vor Ort in einer Art transportablem Mini-Labor ausgewertet werden. Diese sind etwa so groß wie ein PC und könnten beispielsweise in Apotheken aufgestellt werden, sagt Virologe Alexander Kekulé in seinem MDR-Podcast. Antigen-Schnelltests sind unkomplizierter durchzuführen. Am einfachsten sei der Diffusions-Tests, der ähnlich wie ein Schwangerschaftstest funktioniere, erklärt Kekulé. Andere Antigen-Tests, die das Fluoreszenzsignal auswerten, brauchen allerdings wieder zusätzliche Geräte mit UV-Lampen.
Welchen Vorteil bieten Schnelltests gegenüber PCR-Tests?
Schnelltests sind schneller und einfacher durchzuführen. Oft dauern sie nur wenige Minuten und helfen dabei, Labore zu entlasten. Virologen und Wissenschaftler sehen vor allem dann einen Vorteil, wenn es darum geht, schnelle Ergebnisse zu erzielen oder wenn vorbeugend getestet werden soll. Standard-PCR-Tests seien zu langsam und reichten für die nötigen Massentests nicht aus, sagt Kekulé. Außerdem sind sie teuer. Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach schrieb auf Twitter, es sei "falsch", den Herbst alleine mit Standard-PCR-Tests durchtesten zu wollen. "Dazu reichen die Kapazitäten nicht."
Was ist der Nachteil von Corona-Schnelltest?
Sie arbeiten unzuverlässiger als PCR-Tests. Bei den Antigen-Schnelltests könne man nicht sichergehen, dass sie immer ein richtiges Ergebnis liefern, sagte Matthias Orth, Chefarzt des Instituts für Laboratoriumsmedizin im Marienhospital in Stuttgart. Die Zuverlässigkeit werde vor allem an der Spezifität und der Sensitivität von Tests gemessen. Da es viele verwandte Corona-Viren gebe, sei es wichtig, dass ein Test spezifisch Sars-CoV-2 erkenne. Manche Verfahren würden eine Corona-Infektion in einem von fünf Fällen nicht anzeigen, sagte auch Kekulé der "Zeit". Teils liege die Quote sogar noch höher. Allerdings sei die Genauigkeit der Standard-PCR-Tests auch nicht immer von Vorteil: Sie könne auch "Viren-Leichen" nachweisen, also Rückstände von Viren. Dann falle der Test positiv aus, aber der Träger sei mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht mehr infektiös. Ein Test, der bei einer nicht relevanten Viruslast nicht ausschlage, sei Lauterbach zufolge sogar besser. Eine Studie der Harvard-Universität kommt zudem zu dem Ergebnis, dass Schnelligkeit wichtiger als die Genauigkeit ist.
Für wen eignen sich die Antigen-Tests?
Ein Einsatz der Tests wäre bei gesunden Menschen sinnvoll, wie beispielsweise regelmäßiges Testen von Schülerinnen und Schülern, sagt Chefarzt Orth. Auch vor Großveranstaltungen oder für Arbeitnehmer vor der Rückkehr ins Büro sei er sinnvoll, sagt Kekulé. In der Patientendiagnostik und bei Reiserückkehrern haben die Antigen-Tests aber nichts verloren, befindet Orth. Zu hoch sei das Risiko, dass man bei vorerkrankten Menschen grünes Licht gebe, obwohl eventuell eine Infektion vorliegt - und es dann zu einem Notfall kommt. Deshalb seien sie in manchen Bereichen eine sinnvolle Ergänzung zu PCR-Tests, können sie aber nicht ersetzen.
Warum gibt es noch keine Schnelltests in Deutschland?
Das hat mehrere Gründe. Zum einen sieht das Infektionsschutzgesetz in Deutschland vor, dass nur Ärztinnen und Ärzte eine Infektion nachweisen dürfen. Daher werden die Tests vermutlich nicht an Apotheken geliefert. Eine Behandlung von anderen Personen könne als Körperverletzung ausgelegt werden, erklärt Kekulé in seiner neuen Podcast-Folge des MDR. Doch es könne sein, dass nach der Markteinführung Arztpraxen fortan den Test anbieten, sagt Orth. Zum anderen würden die Hersteller der PCR-Tests weltweit Milliarden Euro verdienen, sagte Kekulé. Schnelltests machen ihnen das Geschäft kaputt. Politiker dagegen seien unschlüssig, weil die Wissenschaft sich nicht einig ist. Andere Theorien besagen, dass es nicht gut sei, so viel zu testen und man sich auf Superspreader-Events konzentrieren solle.
Ab wann könnten die Schnelltests genutzt werden?
Der Schweizer Pharmakonzern Roche will in Zusammenarbeit mit dem Biotech-Unternehmen SD Biosensor noch im September Millionen Corona-Antigen-Schnelltests auf den Markt bringen. 40 Millionen Schnelltests stehen monatlich demnach zur Verfügung. Diese Kapazität werde sich bis Ende des Jahres mehr als verdoppeln. Das Testergebnis stehe laut Roche in der Regel in 15 Minuten fest und die Zuverlässigkeit sei sehr hoch. Die Spezifität der neuen Antigen-Tests liege bei etwa 99,68 Prozent und die Sensitivität bei 96,52 Prozent. Der Test soll Ende September zunächst in Europa lanciert werden. Es sei aber geplant, auch in den USA bei der zuständigen Behörde FDA eine schnelle Zulassung zu beantragen.
Wie viel würde der Schnelltest kosten?
Das ist noch unklar. Auch wer die Kosten übernimmt, entscheidet sich erst, wenn der Schnelltest in Deutschland zugelassen wird. In anderen Ländern, in denen es bereits welche von anderen Firmen zu kaufen gibt, ist er vergleichsweise günstig. In den USA beispielsweise kostet ein Test des US-Pharmakonzern Abbott Laboratories fünf US-Dollar. Die Test-Kits würden von einem mobilen Labor ausgewertet, das nur etwa so groß sei wie ein Toaster. Innerhalb von fünf Minuten kann ein positives Testergebnis erkannt werden. Der Test weise aber eine hohe Fehlerquote auf. Die US-Arzneimittelbehörde FDA ließ den Test im Rahmen eines Dringlichkeitsverfahrens bis auf Widerruf zu.
Quelle: ntv.de
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