Unbegleitete Minderjährige verlassen Lesbos

  10 September 2020    Gelesen: 444
Unbegleitete Minderjährige verlassen Lesbos

Nach dem Großbrand im Flüchtlingslager Moria muss die Feuerwehr kleinere Brände löschen, die das zerstören, was noch übrig ist. Derweil werden die ersten Menschen von der Insel gebracht - es sind unbegleitete Minderjährige. Eine Fähre soll derweil 1000 Menschen aufnehmen.

Die ersten Maßnahmen zur Unterbringung von Menschen nach dem Großbrand im Migrantenlager von Moria auf der griechischen Insel Lesbos sind angelaufen. 165 unbegleitete Minderjährige wurden an Bord eines Flugzeugs von Lesbos zur griechischen Hafenstadt Thessaloniki gebracht. Weitere 240 Minderjährige sollen noch folgen, berichtete der staatliche griechische Rundfunk (ERT).

Die Feuerwehr konnte in der Nacht mehrere kleinere neue Brände löschen. Die Feuer hätten übrig gebliebene unbeschädigte Zelte und andere provisorische Unterkünfte von Moria zerstört, berichtete das Staatsfernsehen. Erneut kam es zu Chaos: Flüchtlinge rannten aus dem Lager, während ihre Zelte verbrannten. Tausende Menschen verbrachten derweil die erste Nacht nach dem Großbrand auf den Straßen rund um das Lager.

Die Polizei stoppte unter Einsatz von Tränengas einige jugendliche Migranten, die versuchten, in die Hauptstadt der Insel zu kommen, wie das Staatsfernsehen berichtete. Zuvor hatten einige Migranten die Polizei mit Steinen angegriffen. Zu groß ist die Angst eines unkontrollierbaren Ausbruchs der Corona-Epidemie. 35 Migranten waren positiv auf das Virus getestet worden. Sie sind im Gefolge des Großbrandes untergetaucht und könnten Tausende andere Menschen anstecken. Die Polizei habe nur acht von ihnen aufgreifen können, teilte die Regierung mit.

Eine Fähre, die "Blue Star Chios" soll am Vormittag in einem Hafen im Westen von Lesbos ankommen und dann rund 1000 Migranten als Notunterkunft dienen. Andere Migranten würden in den nächsten Tagen auf zwei Schiffen der griechischen Kriegsmarine untergebracht, hieß es weiter. Zudem sollen neue Zelte aufgebaut werden.

Tausende Menschen fordern Aufnahme

Nach wie vor gibt es keine offiziellen Angaben zur genauen Anzahl der Menschen, die durch den Brand obdachlos geworden sind. Zuletzt lebten in und um das Camp von Moria rund 12.500 Menschen. Ausgelegt ist das Lager für weit weniger Menschen. Die Zivilschutzbehörde verhängte einen viermonatigen Ausnahmezustand über Lesbos, das 85.000 Einwohner hat.

Unterdessen demonstrierten in Deutschland Tausende Menschen für die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Lager. In Berlin forderten am Mittwochabend rund 10.000 Menschen die Aufnahme von Flüchtlingen, wie die Organisation Seebrücke mitteilte. Auch in anderen deutschen Städten gab es Demonstrationen. In Köln nahmen nach Angaben der Organisatoren etwa 3000 Menschen daran teil, in Hamburg 2500. Die Seebrücke hatte bundesweit zu spontanen Protesten und Kundgebungen aufgerufen. Die Bewohner von Moria, die ihr letztes Dach über dem Kopf verloren hätten, "müssen sofort aufgenommen werden", forderte Julia Solbach von der Seebrücke.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte zuvor erklärt, die EU und ihre Mitgliedstaaten seien zur Hilfe bereit. Die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley von der SPD, brandmarkte derweil die EU-Flüchtlingspolitik als "europäische Schande". Viele Mitgliedstaaten seien nicht bereit, zu einer Lösung des Problems beizutragen, sagte sie im ZDF. Sie plädierte dafür, dass sowohl Deutschland jetzt schnell Flüchtlinge aus Moria aufnimmt und zugleich weiter nach einer europaweiten Lösung gesucht wird.

Quelle: ntv.de, mli/dpa


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