Grenke wehrt sich gegen Attacke

  16 September 2020    Gelesen: 1564
Grenke wehrt sich gegen Attacke

Wie zuvor Wirecard wirft der Investor Fraser Perring dem Finanzdienstleister Grenke gezinkte Bilanzen vor - und wettet mit Leerverkäufen auf einen Börsenabsturz des Unternehmens. Die Baden-Badener weisen die Vorwürfe zurück. Auch bei der Bafin will man von zwielichtigen Praktiken nichts wissen.

Erneut hat ein Leerverkäufer an der Börse eine Attacke gegen einen deutschen Finanzdienstleister gestartet. Der britische Investor Fraser Perring erhob in einem 64-seitigen Report Vorwürfe gegen die Leasingfirma Grenke. Die im Nebenwerteindex MDax notierten Aktien des Unternehmens aus Baden-Baden brachen um 19 Prozent ein. Grenke äußerte sich erst zum Ende des Börsenhandels und wies die Behauptungen in Perrings Analyse "auf das Schärfste" zurück. Insbesondere sei falsch, dass ein Großteil der ausgewiesenen liquiden Mittel von 1,08 Milliarden Euro nicht existiere. "Dies ist nachweislich falsch". Fast 80 Prozent davon - 849 Millionen - hätten Ende Juni bei der Deutschen Bundesbank gelegen. "Grenke behält sich rechtliche Schritte vor und wird diese entsprechend in die Wege leiten", hieß es in der Stellungnahme. Das Unternehmen werde auch die übrigen Vorwürfe des Spekulanten widerlegen.

Perring hatte bereits 2016 für Trubel am deutschen Markt gesorgt, als er dem inzwischen kollabierten Zahlungsabwickler Wirecard Bilanzfälschung vorwarf und gleichzeitig auf fallende Kurse wettete. Auch bei Grenke setzt Perring nun mit geliehenen Aktien auf einen Kurssturz. Das erklärt er selbst in dem Dokument, das seine Firma "Viceroy Research" veröffentlicht hat. Bei Wirecard war Perring noch unter dem Pseudonym "Zatarra" aufgetreten.

Der Investor sagte Reuters, er habe im Juli und im September jeweils eine Kopie des Berichts an die deutsche Finanzaufsicht Bafin geschickt. "Wir sind bereit, mit der Aufsichtsbehörde zusammenzuarbeiten und wollen aufzeigen, wo die Unregelmäßigkeiten liegen." Die Bonner Behörde erklärte, sie habe bisher weder ein Schreiben noch eine E-Mail von Perring erhalten. Sie werde untersuchen, ob die in dem Report erhobenen Vorwürfe Marktmissbrauch darstellten. Dazu analysiere sie mögliche Marktmanipulationsvorwürfe durch die Grenke AG, durch Dritte etwa in Form einer Leerverkaufsattacke sowie mutmaßlichen Insiderhandel vor Erscheinen des Dokuments. Der "Spiegel" hatte zuerst über die Attacke des britischen Investors berichtet.

Bei Wirecard lag Perring richtig

Konkret wirft Viceroy dem Anbieter von IT-Leasing und anderen Finanzdienstleistungen vor, die Bilanz aufgebläht und zu hohe Gewinne und Kassenbestände ausgewiesen zu haben. Grenke habe Unternehmen überteuert von verbundenen Firmen gekauft. Der Konzern setze für zugekaufte Firmen in der Bilanz zu hohe Werte an und halte somit Gewinne künstlich hoch.

Leerverkäufe sind an der Börse ein gängiges Mittel. Experten halten sie sogar für ein wichtiges Instrument, damit die Aktienmärkte besser funktionieren. Bei dieser Art des Handels verkaufen Investoren Wertpapiere, die sie sich zuvor gegen eine Gebühr von anderen Marktteilnehmern geliehen haben. Sinkt der Aktienkurs bis zum Rückgabe-Datum, können sie sich am Markt billiger mit den Titeln eindecken und streichen die Differenz ein. Steigt der Kurs, droht den Leerverkäufern ein Verlust. Die BaFin hatte Anfang 2019 zeitweise Leerverkäufe von Wirecard-Aktien verboten und sich damit viel Kritik eingehandelt.

Perring hatte vor zwei Jahren auch den Fernseh-Konzern ProSiebenSat.1 ins Visier genommen und in einem im Internet veröffentlichten Dokument schwere Vorwürfe gegen das Unternehmen erhoben. Damals hatte er sich Ärger mit der BaFin eingehandelt wegen "unerlaubter Anlageempfehlung". Außerdem hatte die Staatsanwaltschaft München ermittelt. Bei Wirecard waren die Ermittlungen gegen Perring wegen Marktmanipulation gegen eine Geldauflage eingestellt worden - wenige Monate bevor der Bilanzskandal offensichtlich wurde.

Quelle: ntv.de, jog/rts


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