Minister fordert Einbindung der Bürger in Endlagersuche

  26 September 2020    Gelesen: 468
Minister fordert Einbindung der Bürger in Endlagersuche

Die Veröffentlichung geeigneter Gebiete für ein Atommüll-Endlager steht kurz bevor. Für eine Entscheidung pocht Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies auf ein transparentes Auswahlverfahren.

Für die Entscheidung über ein neues Atommüll-Endlager hat Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) auf ein transparentes Auswahlverfahren unter Einbindung der Bürger gepocht. Mit Spannung wird die Veröffentlichung geeigneter Teilgebiete für das neue Endlager an diesem Montag in Berlin erwartet. Die Menschen müssten die nötigen Informationen erhalten, um sich kritisch mit der Standortsuche auseinandersetzen zu können, sagte Lies. Die Politik dürfe den gesellschaftlichen Konsens für ein wissenschaftsbasiertes Suchverfahren nicht torpedieren, indem sie Vorfestlegungen treffe.

Niedersachsen werde aufgrund seiner geologischen Vorkommen auf der Teilgebietskarte der Bundesgesellschaft für Endlagerung vertreten sein, sagte Lies. "Gorleben wird im Auswahlverfahren wie jeder andere mögliche Standort in Deutschland behandelt", sagte der Minister. Unverantwortlich sei, dass Bayern schon jetzt aus dem Konsens aller Bundesländer ausschere, ergebnisoffen nach einem Atom-Endlager zu suchen. Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) hatte das Auswahlverfahren unnötig genannt, weil mit Gorleben schon ein geeigneter Standort zur Verfügung stehe. "Das Auswahlverfahren muss jedoch alle potenziell geeigneten Standorte in der Bundesrepublik erfassen und betrachten, kein Bundesland kann sich dem politisch entziehen", entgegnete Lies.

Bei der schwierigen Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll, von dem Hunderttausende Menschen betroffen sein könnten, geht es vor allem um rund 1900 Castor-Behälter mit etwa 27.000 Kubikmeter Atommüll, die nach dem für Ende 2022 beschlossenem Atomausstieg das strahlende Erbe der Atom-Ära bilden werden. Die meisten von ihnen stehen derzeit in oberirdischen Zwischenlagern, unter anderem an den bisherigen AKW, aber auch in Gorleben, Ahaus und Lubmin.

"Ambitionierter Zeitplan"
Für die Suche nach einem Endlager war nach langem Streit, vor allem im Konflikt um die Pläne im niedersächsischen Gorleben, ein Konsens über das Suchverfahren beschlossen worden. Auf dessen Grundlage wurde 2017 das Endlagersuchgesetz beschlossen. In einem transparenten, wissenschaftsbasierten Verfahren soll bis 2031 eine Standortentscheidung getroffen werden. Die politische Entscheidung liegt dann letztlich beim Bundestag.

Mit einem betriebsbereiten Endlager wäre nach dieser Planung ab 2050 zu rechnen. Allerdings sei dies ein "ambitionierter Zeitplan angesichts der vielen Unwägbarkeiten", betont der Leiter des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (Base), Wolfram König. Auch sei bei aller Transparenz klar: Gegen den letztlich ausgewählten Standort "wird es Widerstand geben".

Es hat sich bereits abgezeichnet, dass große Flächen Deutschlands als potenzielle Atommülllager eingestuft werden könnten. Es werde eine "hohe zweistellige Anzahl" an Teilgebieten geben, heißt es zuletzt aus der BGE.

Strenge Auswahlkriterien
Die Kriterien für die Auswahl sind streng. Der hochradioaktive Atommüll soll mindestens 300 Meter unter der Erdoberfläche für möglichst eine Million Jahre sicher lagern. Für einen Zeitraum von 500 Jahren soll dessen Rückholbarkeit sichergestellt sein, um künftigen Generationen etwa eine Nutzung neuer Technologien zu ermöglichen. Vorgegeben sind auch Abstände zu Wohngebieten oder zu "herausragenden Natur- oder Kulturgütern". Als Gesteinsformationen kommen für ein Endlager Salz, Ton oder Granit infrage. Schon diese Festlegung war politisch heikel, da etwa Salz eher in Norddeutschland vorkommt, Granit besonders in Bayern häufiger anzutreffen ist.

Ausgeschlossen sind Formationen, die nicht mehr unberührt sind - wo es also schon Bergwerke gibt - sowie Regionen mit Vulkanismus oder der Gefahr von Erdbeben. Gorleben soll in dem Verfahren ebenso behandelt werden, wie alle anderen möglichen Orte auch.

Drei Phasen für die Suche
Der zunächst allein auf Grundlage verfügbarer geologischer Daten erstellte Zwischenbericht soll in den kommenden Monaten unter Einbeziehung der Öffentlichkeit intensiv diskutiert werden. Dazu soll es bis Juni eine Reihe von Fachkonferenzen geben, die erste am 17. und 18. Oktober in Kassel. Zudem ist die Möglichkeit einer Onlinebeteiligung vorgesehen. Dann entscheidet der Bundestag über das weitere Vorgehen.

In einer zweiten Phase sollen dann Untersuchungen in als geeignet eingestuften Regionen vor Ort erfolgen, etwa durch Erkundungsbohrungen. Dabei werden die infrage kommenden Gebiete weiter eingegrenzt.

Gegen die dabei entstehende engere Auswahl sind anschließend auch erstmals Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht möglich. Begleitet werden soll das Verfahren durch Regionalkonferenzen.

Eine dritte Phase umfasst dann auch den Bau von Erkundungsbergwerken an mindestens zwei Orten, um die konkrete Standortentscheidung vorzubereiten.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sieht das Verfahren auf einem guten Weg. Der Bericht stelle den "ersten weithin sichtbaren Fortschritt bei der Endlagersuche" dar, sagte die dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es werde sich zeigen, "dass das gemeinsam beschlossene Verfahren trägt".

spiegel


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