Was die Frau da bei der Bank eingereicht hat, war ein effektives Wertpapier, auch effektives Stück genannt. So heißen Aktien, Anleihen oder Fondsanteile, die in Papierform vorliegen. «Diese werden so gut wie nicht mehr ausgegeben», sagt Miye Kohlhase vom
Bundesverband deutscher Banken (BdB).
Dennoch tauchen alte effektive Stücke immer wieder beim Aufräumen von Dachböden, Kellern und Schließfächern im Erbschaftsfall auf, erzählt Uwe Zimmer, Vorstand bei der Meridio Vermögensverwaltung AG in Köln. «Da findet man hin und wieder Tafelpapiere, die der Großvater gekauft hatte.» Tafelpapiere, so heißen effektive Stücke umgangssprachlich.
Neuere effektive Stücke haben vielleicht eine Wertpapierkennnummer (WKN). Mit der WKN kann der Wert des Papiers online ermittelt werden. Auf vielen Papieren steht aber keine WKN - oder das Papier ist nicht mehr aktuell. «Dann sollte man seine Hausbank konsultieren», sagt Kohlhase. Die kann feststellen, ob es sich um ein Wertpapier handelt und den Wert ermitteln.
Es gibt aber Alternativen zur Hausbank, sagt Daniel Bauer von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Bei älteren Wertpapieren könne sich eine Recherche in Eigenregie auf spezialisierten Webseiten lohnen. Dazu zählen laut Bauer das Portal sammleraktien-online.de und hwph.de von der Historisches Wertpapierhaus AG.
Die Einlieferung in ein Depot sollten Tafelpapier-Besitzer genau bedenken: «Sie lohnt sich etwa dann, wenn die Anteile noch an der Börse gehandelt werden und man die Dividendenausschüttung garantiert haben will», sagt Bauer. Ein weiterer Grund: Man will die effektiven Stücke lange behalten und sicher aufbewahrt wissen.
Wer sie bald verkaufen will, liefert sie lieber nicht ein. Denn die Einlieferung kostet Gebühren, ebenso wie die Auslieferung. «Die ist für einen Verkauf nötig, weil die meisten Tafelpapiere nicht mehr direkt gehandelt werden», erklärt Bauer. Und die Auslieferungskosten sind laut dem SdK-Experten um einiges höher als Broker-Gebühren, die beim normalen Aktienhandel fällig werden.
Bei der Einlieferung ins Depot rät BdB-Expertin Kohlhase, die Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Denn bei so manchen exotischen effektiven Stücken können Aufwand und Nutzen in einem Missverhältnis stehen: Die Spesen, die für Wertermittlung und Einlieferung ins Depot anfallen, können den Wert des Papiers übersteigen. «Gerade bei speziellen Stücken aus dem Ausland, die nur ins jeweilige Land eingeliefert werden können, ist das unter Umständen durch den versicherten Werttransport der Fall.»
Nur Genossenschaftsbanken, Sparkassen und größere Kreditinstitute wie Commerzbank oder Deutsche Bank nehmen Tafelpapiere meist überhaupt an, sagt Bauer. Er schätzt, dass bei der Einlieferung für jede Sorte 50 bis 100 Euro Gebühren anfallen. «Wer etwa sechs effektive Stücke vom Zoologischen Garten Berlin einliefert, zahlt einmal die Gebühr.»
Während die Dame vom Anfang der Geschichte mit ihren Anteilen am Zoologischen Garten unerwartet das große Los gezogen hat, können alte Tafelpapiere aber auch Enttäuschungen bereithalten: Gibt es die Firma nicht und keinen Rechtsnachfolger mehr, sind die Stücke wertlos. «Sie kann man sich einrahmen und an die Wand hängen», sagt Vermögensverwalter Zimmer. «Sie werden dann zum Nonvaleur.»
Effektive Stücke
Effektive Stücke bestehen aus zwei einzelnen Teilen: dem Mantel, dieser ist das eigentliche Wertpapier, und dem Bogen. Der Wert des Mantels wird entsprechend des aktuellen Kurses berechnet.
«Bei Aktien zählt der Börsenkurs, bei Investmentfonds der aktuelle Tageskurs», erläutert Vermögensberater Manfred Rath von der KSW Vermögensverwaltung AG in Nürnberg. Taucht eine Fremdwährung auf festverzinslichen Papieren auf, zähle der aktuelle Umrechnungskurs.
Auf dem Bogen sind sogenannte Kupons. Diese Kupons konnten Anleger früher je nach fälligem Datum abtrennen und damit Zinsen oder Dividenden einlösen, erläutert Miye Kohlhase vom Bundesverband deutscher Banken (BdB). Kupons sind meist schon verfallen, da sie bei Anleihen und Aktien drei Jahre nach dem Fälligkeitsdatum, bei Fonds vier Jahre danach verjähren. «Ein Großteil dieser Erträge dürfte nicht mehr erstattungsfähig sein», schätzt Rath. Früher seien speziell Investmentgesellschaften kulant gewesen, solange noch nicht abgerufene Beiträge auf den Einlösungskonten waren. «Dies hat sich in den letzten Jahren gravierend geändert.»
BdB-Fachfrau Kohlhase rät trotzdem zum Versuch, die Kupons noch einzulösen: «Nicht alle Emittenten beharren auf der Frist.» Besitzer von effektiven Stücken können die Bank die Kupons einlösen lassen. «Sie überweist dann das Geld.»
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