Rückstände von Medikamenten und Pestiziden erschweren Trinkwasserzubereitung

  05 März 2016    Gelesen: 637
Rückstände von Medikamenten und Pestiziden erschweren Trinkwasserzubereitung
Eine gute Trinkwasserqualität in Deutschland wird aus Sicht der Versorgungsunternehmen zunehmend zur Herausforderung. Weil die Verunreinigung von Gewässern durch Rückstände aus Medikamenten, Wasch- und Reinigungsmitteln sowie Pflanzenschutzmitteln steigt, sollten nach Auffassung des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU) die Verursacher stärker in die Pflicht genommen werden. Dazu gehören die Pharma- und Chemieindustrie, die Landwirtschaft - aber auch die Verbraucher.
"Wir müssen verstärkt auf das Vorsorgeprinzip setzen und den Eintrag von Spurenstoffen vorzeitig unterbinden", sagte VKU-Hauptgeschäftsführerin Katherina Reiche am Freitag in Berlin. Schon bei der Zulassung eines Medikaments, Pflanzengifts oder Schädlingsbekämpfungsmittels müssten dessen Auswirkungen auf Umwelt und Gewässer geprüft werden. Tauchten nach der Zulassung Umweltbelastungen auf, müsse "nachjustiert" werden.

Zudem benötigten die kommunalen Abwasserunternehmen Informationen darüber, in welchen Mengen ein Stoff eingesetzt wird, wie giftig er ist und wie er wieder zu entfernen ist. "Diese Werte sollten öffentlich zugänglich sein", sagte Reiche und forderte die Einrichtung einer Datenbank nach wissenschaftlichen Kriterien.

Rund 5000 Chemikalien gibt es in einem normalen Haushalt, weshalb die Wasserwirtschaft auch die Mithilfe der Verbraucher einfordert. Durch einen sorglosen Umgang mit Pestiziden im Garten oder die Entsorgung von Medikamenten über die Toilette trügen auch normale Verbraucher zur Verunreinigung der Gewässer bei, erklärte Georg Wulf vom Wasserwirtschaftsverband Wupperverband.

"Nicht jedem ist bewusst, dass das, was er sich auf die Haut tut, irgendwann im Trinkwasser landet", sagte Reiche mit Verweis auf Spurenstoffe aus Kosmetikprodukten. Nötig sei eine bessere Aufklärung und Sensibilisierung. Der VKU empfiehlt daher auch für alle Produkte, deren Inhaltsstoffe die Wasserqualität beeinträchtigen können, eine Kennzeichnungspflicht.

Besonders besorgniserregend sind aus Sicht der kommunalen Wasserwirtschaft Spurenstoffe aus Arzneimitteln (93,7 Prozent) und aus Pflanzenschutzmitteln (87,4 Prozent), wie aus einer Umfrage des VKU hervorgeht. Für deutlich weniger problematisch halten die Wasserbetriebe Haushaltschemikalien (32,8 Prozent) und Körperpflegeprodukte (29,3 Prozent).

Beim Thema Medikamente sei die Wasserwirtschaft längst im Gespräch mit der Ärzteschaft, um zum Beispiel Verpackungsgrößen genauer am individuellen Bedarf auszurichten, sagte Wulf. Speziell bei der Vergabe von Antibiotika spiele jedoch die Landwirtschaft eine viel größere Rolle als die Humanmedizin: Ein Großteil der Antibiotika, nämlich 1700 Tonnen pro Jahr, würden in der Massentierhaltung eingesetzt, die damit mitverantwortlich für eine verschlechterte Gewässerqualität sei.

"Es braucht eine Gesamtstrategie", forderte Wulf, dessen Wupperverband unter anderem zwölf Talsperren und elf Klärwerke betreibt. Denn die technischen Verfahren in den Kläranlagen könnten nicht alle Spurenstoffe restlos beseitigen - gleichzeitig könnten sogar noch schwieriger zu entsorgende Reststoffe entstehen. Deshalb müsse an der Quelle angesetzt werden, um Spurenstoffe zu vermeiden oder zumindest zu vermindern.

Die Schaffung einer weiteren Reinigungsstufe in allen deutschen Klärwerken koste pro Jahr 1,3 Milliarden Euro, verwies Wulf auf Berechnungen des Umweltbundesamtes. Deshalb sollten die Verursacher der Spurenstoffe auch an den Kosten der Trinkwasseraufbereitung und Abwasserbehandlung beteiligt werden, forderte er.

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