Die Sicherheitsbehörden in Sachsen sind mit einer offenbar massiv wachsenden Gefahr durch Verfassungsfeinde konfrontiert. Die größte Bedrohung für die Demokratie gehe derzeit von Rechtsextremisten aus, sagte Innenminister Roland Wöller (CDU). Das zeigen Zahlen des neuen Verfassungsschutzberichts.
"Mit 3400 Personen verzeichneten wir im Jahr 2019 eine Steigerung um 600 Personen", sagte der CDU-Politiker. Damit gebe es im Freistaat so viele Rechtsextremisten wie seit 1993 nicht mehr. Damals seien es ebenfalls 3400 gewesen.
Laut Wöller stieg auch die Zahl der gewaltorientierten Rechten drastisch um etwa ein Drittel an, von 1500 auf nun 2000. Anders als früher, als die NPD eine starke politische Kraft in Sachsen war, zählen Rechtsextreme demzufolge heute "größtenteils zum unstrukturierten, subkulturell geprägten Spektrum". Der Anstieg verteilt sich dem Bericht zufolge auf alle Landkreise, die Szene bleibt in ganz Sachsen präsent.
Die Gefahrenlage sei daher eine andere, wie Verfassungsschutzpräsident Dirk-Martin Christian sagte: "In den sozialen Medien heizt man sich untereinander an. Und genau dort bildet sich ein ernst zu nehmender Nährboden, aus welchem Radikalisierungsprozesse und schließlich gefährliche Straftaten erwachsen können." Entsprechend pessimistisch fällt die Einschätzung für die nächsten Jahre aus: "Auch in Zukunft wird den Verfassungsschutz die besorgniserregende Entwicklung beschäftigen, dass Rechtsextremisten auf subtile Art und Weise versuchen, in die bürgerliche Mitte einzusickern."
Die Zahl rassistischer Straftaten gingen dem Bericht zufolge zurück (von 571 auf 464), was die Verfassungsschützer auf die "nachlassende Asylthematik" zurückführen. Stark gestiegen, um etwa 80 Prozent auf nun mehr als 200 Fälle, sind demzufolge jedoch die Straftaten gegen politische Gegner.
Im linksextremen Spektrum bleibt das Personenpotenzial konstant, wie Innenminister Wöller sagte. Etwa 760 Personen werden der Szene derzeit zugerechnet, in den vergangenen Jahren waren es stets etwas mehr. Allerdings nehmen die Behörden laut Wöller eine Enthemmung der Gewalt wahr: "Richtete diese sich bislang vorrangig gegen Sachen, werden bei Versammlungen oder Aktionen im Verborgenen inzwischen auch Personenschäden billigend in Kauf genommen." Zentrum der linksautonomen Szene sei nach wie vor Leipzig, die Stadt bleibe auch bundesweit ein "Brennpunkt linksextremistischer Gewalt".
Der Islamismus in Sachsen bewegt sich den Verfassungsschützern zufolge im Bundesvergleich auf vergleichsweise niedrigem Niveau – es bestehe aber, wie in ganz Deutschland, eine "anhaltend hohe abstrakte Gefährdungslage". Man könne für keinen Bereich des Extremismus Entwarnung geben, sagte Verfassungsschutzpräsident Christian: "Steigende Personenpotenziale, eine zunehmende Gewaltbereitschaft und das erfolgreiche Vordringen von Extremisten in die gesellschaftliche Mitte sind besorgniserregende Entwicklungen."
spiegel
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