Biden gegen Big Oil

  17 November 2020    Gelesen: 335
Biden gegen Big Oil

Mit Donald Trump verliert Amerikas Öl- und Gasindustrie ihren wichtigsten Verbündeten im Weißen Haus. Sein designierter Nachfolger setzt auf eine Energiewende – doch die Multis können vorerst entspannt bleiben.

Kurz vor ihrem Rauswurf aus dem Weißen Haus versucht die Trump-Regierung Fakten zu schaffen. Das Innenministerium treibt Pläne voran, noch vor der Amtseinführung des neuen Präsidenten Öl- und Gasbohrrechte im Naturschutzgebiet »Arctic National Wildlife Refuge« in Alaska zu versteigern. Am Montag vollzog die Regierung einen weiteren Schritt in dem Verfahren.

Wahlsieger Joe Biden hat erklärt, mit ihm werde es eine Ausbeutung der Rohstoffvorkommen in der bislang unberührten Wildnis nicht geben. Doch wenn die US-Regierung erst mal Verträge mit den Konzernen geschlossen hat, dürfte sich das nicht so einfach umkehren lassen.

Mit Donald Trump verliert die Ölindustrie ihren wichtigsten Verbündeten im Weißen Haus. Egal, ob es um Bohrrechte in Öko-Paradiesen oder die Abschaffung von Umweltvorgaben ging, die Regierung stand zu Diensten. Die Demokraten dagegen haben die Energiewende angekündigt: Amerika müsse sich »von der Ölindustrie entfernen«, sagte Biden in der letzten Debatte vor der Wahl – sein Gegner übersetzte das in ein Schreckensszenario für einen der wichtigsten Wirtschaftssektoren Amerikas: »Im Prinzip sagt er, er wird die Ölindustrie zerstören«, wetterte Trump und wandte sich dann direkt an die Wähler in den Bundesstaaten, in denen die Erfindung des Frackings in den vergangenen Jahrzehnten Hunderttausende Jobs geschaffen hat: »Wirst du dich daran erinnern, Texas? Werdet ihr euch daran erinnern, Pennsylvania, Oklahoma, Ohio?«Genutzt hat es ihm am Ende nichts.

Bidens Pläne sind ehrgeizig: Bis 2050 sollen die USA klimaneutral werden, Strom soll schon 15 Jahre früher ganz ohne CO₂-Emissionen erzeugt werden. Das ist nur zu schaffen, wenn die fossilen Energieträger Kohle und Öl im großen Stil durch Erneuerbare wie Sonne und Wind ersetzt werden. Entscheidend für die Ölindustrie ist jedoch nicht das Ob – kaum jemand zweifelt an dem Trend – sondern das Wie: Wie lange wird sich der Übergang strecken? Und wie radikal wird die neue Regierung vorgehen?

Je nach eigenem politischen Standort hoffen oder fürchten Beobachter, dass die Regierungsrealität die Programmatik abschleifen wird. Die Energieindustrie zähle darauf, dass der Kongress allzu scharfe Umweltvorgaben verhindern werde, beruhigte Frackingpionier Harold Hamm seine Investoren. »Das ist das Spiel, das wir wieder spielen werden: sie in Schach zu halten«, sagte der Unternehmer, den die Schieferölgewinnung zum Milliardär gemacht hat.

Der ganz große Wurf der Klimaschützer dürfte schon daran scheitern, dass die Demokraten im Senat voraussichtlich die Mehrheit verfehlen werden. Aber selbst in der eigenen Partei gibt es Stimmen, die vor einer Fehde gegen die Ölbarone warnen. Biden hat zwar den Bundesstaat Pennsylvania zurückerobert, in vielen Bezirken aber verbuchten republikanische Politiker Erfolge – auch wegen des Themas Fracking, wie die Befürworter eines moderaten Kurses glauben.

»Die Biden-Regierung wird eine sehr wacklige Koalition zwischen progressiven Umweltschützern und gewerkschaftlich organisierten Arbeitern managen müssen«, gibt der Energieexperte Benjamin Salisbury von Height Capital Markets zu bedenken. Der neue Präsident werde sich deshalb als ein »pragmatischer Umweltschützer« erweisen, sagte Salisbury der Agentur Bloomberg.

spiegel


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