Schon seit Jahren hadern Immobilieninteressenten mit den hohen Preisen für Häuser und Wohnungen in deutschen Städten. Und sie werden es wohl weiter tun: Selbst die durch die Corona-Pandemie ausgelöste Wirtschaftskrise hat auf den Markt für Wohnimmobilien bisher kaum Auswirkungen gehabt. Zwar stand der Markt im Frühjahr während des ersten Shutdowns praktisch still, danach aber kamen die sogenannten Aufholeffekte: geplante Deals aus dem Frühjahr wurden im Sommer nachgeholt.
So kletterten laut dem »Risiko-Rendite-Ranking 2020« des Immobiliendienstleisters Dr. Lübke &, Kelber die Preise für Bestandseigentumswohnungen im vergangenen Jahr in Deutschland im Schnitt um knapp zehn Prozent, die für Neubauwohnungen um sieben Prozent. Damit stiegen die Preise sogar noch etwas stärker als im Jahr zuvor. »Der Deutsche Wohninvestmentmarkt könnte zum Jahresende das zweitbeste Ergebnis nach 2015 einfahren«, sagt Marc Sahling, Geschäftsführer bei Dr. Lübke & Kelber.
Mieten steigen kaum noch
Im Gegensatz dazu steigen die Mieten in Deutschlands Städten kaum noch an. Sie entwickeln sich eher seitwärts. Für Investoren heiß das: Das Verhältnis von Kaufpreisen zu Mieten ist so stark auseinandergedriftet, dass besonders in den Metropolen mit neuen Immobilienkäufen kaum mehr Geld zu verdienen ist.
Die Analysten von Dr. Lübke & Kelber haben untersucht, in welchen deutschen Städten sich ein Kauf überhaupt noch lohnt. Dazu haben die Experten anhand zahlreicher Daten aus dem Immobilienmarkt sowohl eine Risiko- als auch eine Renditeeinschätzung für jede Stadt getroffen und dann verglichen, wo die tatsächlich zu erwartende Rendite die angesichts des Risikos zu erzielende Mindestrendite am weitesten übersteigt.
Die Auswertung richtet sich vor allem an professionelle Immobilieninvestoren, aber auch Privatleute können schauen, ob sich ein Immobilienkauf in ihrer Stadt noch lohnt. Außerdem sollten sie sich bei der Höhe des Kaufpreises fragen, ob sich ihre Investition noch rechnet, wenn sie die Immobilie mal vermieten wollen oder müssen – etwa im Falle eines Umzugs in eine andere Stadt.
Das Ergebnis: In den guten Lagen schneiden bei Bestandsimmobilien etwa Pforzheim, Kaiserslautern und Lüneburg am besten ab. In den mittleren Lagen bei Bestandsimmobilien haben vor allem Bamberg, Flensburg und Kaiserslautern die besten Risiko-Rendite-Relationen. Das heißt aber nicht, dass Häuser und Wohnungen in diesen Städten künftig die höchsten Renditen abwerfen dürften, lediglich das Verhältnis zwischen Risiko und Rendite ist dort laut der Analyse am besten.
Bei Neubau-Immobilien in guten Lagen liegen Landshut, Fürth und Bamberg vorn. Bei den mittleren Lagen in dieser Gebäudeklasse ist auch Kempten (Allgäu) einen Blick wert.
»Gewinner der Krise sind Mittel- und Universitätsstädte rund um die Metropolen«, sagt Sahling. Weil Menschen zunehmend im Homeoffice arbeiten, nehmen sie auch längere Pendelstrecken in Kauf – man muss sie ja nicht mehr so häufig zurücklegen. Schon in den Vorjahren schnitten kleinere Städte in den Analysen der Immobilienexperten am besten ab. Der Trend, dass sich Kaufinteressenten zunehmend in sogenannten »B-Städten« umschauen, dürfte sich durch Corona nun noch beschleunigen.
In Berlin, Frankfurt, Düsseldorf und Köln sind Immobilien hingegen schon so teuer, dass die erwarteten Renditen teils nur geringfügig über den von den Experten empfohlenen Mindestrenditen liegen. Dafür sind aber auch die Risiken eines Immobilieninvestments dort sehr gering.
Unter den sieben größten deutschen Städten ist Stuttgart bei Bestandsimmobilien noch am attraktivsten. »Dort sind Objekte zwar recht teuer, aufgrund des hohen Mietniveaus bleiben aber unterm Strich relativ hohe Renditen übrig«, sagt Sahling.
Dr. Lübke & Kelber führt die Studie seit mehreren Jahren durch – und jedes Jahr werden die erzielbaren Renditen geringer. Aber auch im Jahr 2020 gibt es keine Stadt, die eine negative Relation aufweist. Unterm Strich eignen sich Immobilien demnach noch immer als ertragreiche Anlageform.
Das Analysehaus hat außerdem untersucht, wo sich der Kauf von Eigentumswohnungen im Vergleich zur Miete lohnt. So haben die Experten errechnet, wie stark ein Immobilienkauf die durchschnittliche Haushaltskasse belastet – und dies mit der Belastung durch Mietausgaben verglichen.
In Städten wie München, Berlin oder Hamburg ist der Immobilienkauf demnach so teuer, dass sich mieten eher lohnt. In diese Kategorie fallen allerdings auch Städte wie Münster, Augsburg oder Freiburg. Ein Wohnungskauf rechnet sich dagegen laut Studie in eher strukturschwachen Städten wie Dessau-Roßlau, Gelsenkirchen oder Bochum. Hier führe die Miete im Vergleich zum Kauf zu einer geringeren laufenden Belastung.
In lediglich 35 der 111 analysierten Städte ist es auf Dauer günstiger, eine eigene Bestandseigentumswohnung zu finanzieren (inklusive aller Nebenkosten), als zur Miete zu wohnen. Die Zahl der Städte, in denen sich der Kauf von Bestandseigentumswohnungen noch rechnet, geht rasant zurück. Zum Vergleich: Im Jahr 2017 rentierte sich kaufen noch in 87 von 110 Städten eher als mieten.
Bei Neubauwohnungen ist das noch extremer: Nur in fünf Städten ist es noch günstiger, eine Neubauwohnung zu kaufen, als zu mieten. Das gilt etwa für Cottbus, Frankfurt (Oder), Dessau-Roßlau, Wolfsburg und Bremerhaven. In 106 anderen deutschen Städten ist dagegen der Kauf einer Neubauwohnung inzwischen so teuer, dass man mit Mieten besser wegkommt.
spiegel
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