Das Münchner Ifo-Institut hat wegen der Corona-Pandemie seine Konjunkturprognose für 2021 gesenkt: Die deutsche Wirtschaft könnte im kommenden Jahr mit 4,2 Prozent deutlich weniger wachsen als die bisher erwarteten 5,1 Prozent. »Wegen des neuerlichen Shutdowns bei uns und in anderen Ländern verschiebt sich die Erholung nach hinten«, sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.
In diesem Jahr dürfte die Wirtschaftsleistung in Deutschland nach Einschätzung der Forscher um 5,1 Prozent schrumpfen. Obwohl das Bruttoinlandsprodukt 2021 voraussichtlich zulegen wird, erwarten die Münchner Wirtschaftsforscher zunächst keinen Rückgang der gestiegenen Arbeitslosigkeit: Sie prognostizieren sowohl für Ende dieses als auch für das nächste Jahr eine Arbeitslosenquote von 5,9 Prozent.
In die Prognose nicht einbezogen ist jedoch der Effekt der neuerlichen weitgehenden Schließung des Einzelhandels. Die Münchner Forscher rechneten auf Grundlage der seit November geltenden Corona-Verschärfungen. Zugrunde liegt die Annahme, dass die Einschränkungen ab April bis Sommer schrittweise aufgehoben werden.
Etwas optimistischer ist das Düsseldorfer Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK): Laut dem Institut werde das deutsche Bruttoinlandsprodukt im Jahresdurchschnitt 2021 um 4,9 Prozent zulegen, nach einem Rückgang um 5,0 Prozent in diesem Jahr.
Das liege vor allem an einer recht stabilen Entwicklung der Industrie, teilen die Konjunkturforscher des IMK der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung mit. »Die wirtschaftliche Grunddynamik ist stark genug, und die Stützungspolitik von Regierung und Europäischer Zentralbank wirkt«, sagte IMK-Direktor Sebastian Dullien.
Forscher erwarten »Rückschlag am Arbeitsmarkt«
Nach einer Stagnation zum Jahresende und im ersten Quartal 2021 werde die deutsche Wirtschaft ab dem Frühjahr 2021 wieder auf Wachstumskurs gehen, heißt es in der Konjunkturprognose. Voraussetzung sei aber, dass die Impfstoffe gegen Covid-19 tatsächlich so wirksam und so schnell verfügbar sind wie derzeit erwartet. Diese Prognose setze zudem voraus, dass bei den Brexit-Verhandlungen eine Einigung gefunden werde, die allzu drastische Auswirkungen verhindere.
Da sich die wirtschaftliche Erholung verzögert, könnte die deutsche Wirtschaft im übernächsten Jahr sogar etwas kräftiger ausfallen als bislang erwartet: Das Ifo-Institut erwartet für 2022 nunmehr ein Plus von 2,5 Prozent anstelle der ursprünglich erwarteten 1,7 Prozent.
Unterdessen erwartet das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) spürbare Folgen für den Arbeitsmarkt durch den neuen Lockdown. Er rechne »mit vielen Hunderttausend weiteren Kurzarbeitern« und »einigen Zehntausend zusätzlichen Arbeitslosen«, sagte Enzo Weber, der Chef der Konjunkturforschung des Instituts, gegenüber der Wochenzeitung »DIE ZEIT«. Vor allem sei ein weiterer Abbau von Minijobs zu erwarten, die meisten Firmen würden jedoch noch zögern, Stammpersonal zu entlassen. Schließlich bestehe die Hoffnung, dass dieser Lockdown der letzte sein könne. »Wir erwarten daher einen Rückschlag am Arbeitsmarkt, aber keinen erneuten Einbruch«, so Weber.
spiegel
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