Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Frank Bergmann, fordert mehr Einsatz der Politik im Kampf gegen die Biontech-Lieferprobleme: "Wir hoffen, dass Bund, Land und Hersteller nun alles tun, um die Verzögerungen wieder aufzuholen", sagte Bergmann der "Rheinischen Post". Denn auch die für Ende Januar erwartete EU-Zulassung des Astrazeneca-Impfstoffes bringe den Älteren wohl keine schnellere Impfung: "Der Astrazeneca-Impfstoff wird wegen der entsprechenden Studien wohl nur für Menschen bis 65 Jahre zugelassen werden", sagte Bergmann laut dem Bericht.
Zuvor hatte die österreichische Zeitung "Standard" aus EU-Kreisen berichtet, der Europäischen Arzneimittelagentur EMA reichten womöglich die Nachweise über die Wirksamkeit des Astrazeneca-Impfstoffs bei über 65-Jährigen nicht aus. Deshalb werde das Vakzin bei der geplanten Zulassung Ende Januar möglicherweise keine volle EU-Zulassung bekommen.
NRW öffnet Impfzentren erst ab 14 Uhr
Für Nordrhein-Westfalen kündigte KV-Chef Bergmann an, dass die Impfzentren mangels Impfstoff zunächst nur nachmittags impfen können: "Die Impfzentren in NRW starten am 8. Februar. Wir werden zunächst montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr impfen, in einigen Regionen auch sonntags", sagte Bergmann. "Die Liefermengen geben den Takt vor. Das Personal ist nicht das Problem: Allein für die 26 Impfzentren in Nordrhein haben sich über 5000 Freiwillige gemeldet." Doch erst, wenn genug Impfstoff da sei, könne auch schon ab 8 Uhr geimpft werden.
Entsprechend lang seien auch die Wartezeiten. "Wir gehen davon aus, dass die über 80-Jährigen bis April mit ihren beiden Impfungen durch sind", sagt der KV-Chef. "Danach kommen die über 70-Jährigen an die Reihe. Zu dieser Gruppe zählen in NRW noch einmal 1,57 Millionen Menschen. Dann kommt die dritte Gruppe mit 2,2 Millionen Über-60-Jährigen plus Menschen mit Vorerkrankungen an die Reihe."
Hausärzteverband vermisst Strategie bei Altenheimen
Derweil kritisierte der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, die Bundesregierung wegen unzureichender Schutzkonzepte für Pflegeheime in der Corona-Pandemie. "Es ist völlig unverständlich, dass die Regierung und ihre virologischen Berater erst jetzt, allerdings auch noch halbherzig, die Menschen in den Heimen in den Fokus nehmen", sagte Weigeldt der "Rheinischen Post". Der Hausärzteverband fordere seit Beginn der Pandemie, besonders gefährdete Personengruppen "mit der gebotenen Konsequenz" zu schützen. Dazu verlangt Weigeldt vor allem eine Anpassung der Teststrategie. "Warum gelingt es im zweiten Jahr der Pandemie und trotz vorhandener Schnelltests immer noch nicht, dass jeder, aber auch wirklich jeder, egal ob Pflegekraft, Köchin oder Gärtner, getestet wird, sobald er oder sie ein Pflegeheim betritt?"
Der Verbandsvorsitzende übte zudem deutliche Kritik an der Kommunikationsstrategie der Bundesregierung. Zwar gleiche die Pandemiebewältigung "eher einem Marathonlauf denn einem Sprint". "Doch die immer gleichen, telefonschleifenartigen Durchhalteappelle, die die Bundesregierung aussendet, nützen insbesondere den Menschen in den Pflegeheimen herzlich wenig, wenn ihnen keine Taten folgen", betonte Weigeldt. Die Erfahrung der Hausärzte aus zahlreichen Patientengesprächen zeige: "Wer Menschen davon überzeugen will, dass sich eine möglicherweise sehr anstrengende, mitunter frustrierende, weil auch mit Rückschlägen einhergehende Strategie am Ende für sie dennoch lohnen wird, der muss sie ehrlich aufklären und ihnen eine klare Perspektive bieten. Diese Perspektive und inhaltliche Aufklärung vermissen wir."
Quelle: ntv.de, mau
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