Erinnert sich noch jemand an den 20. Januar 2017? Es war ein Freitag und vor dem Westflügel des Kapitols in Washington wurde Donald Trump als 45. Präsident der Vereinigten Staaten vereinigt. Viele Schaulustige waren auf die 4,8 km lange und 500 m breite National Mall gekommen. Wie viele genau, darüber gab es anschließend Streit. Beobachter kalkulierten damals auf Basis von Luftbildern eine Zahl von 300.000 bis 600.000 Zuschauern. Aus dem Weißen Haus hieß es dagegen, es habe sich ganz ohne Zweifel die größte Zuschauermenge aller Zeiten eingefunden. Trump erklärte, anderthalb Millionen Menschen hätten im zugesehen.
Es war eine Lüge. Eine der Ersten von unfassbar vielen über die folgenden vier Jahre. Zum Ende von Trumps Amtszeit hatte die »Washington Post« nicht weniger als 30.573 falsche oder irreführende Behauptungen des Präsidenten gezählt.
Zur Vereidigung des 46. US-Präsidenten, Joe Biden, am vergangenen Mittwoch kamen deutlich weniger Menschen. Eine Aufnahme des Satellitenunternehmens »Planet Labs« zeigt die leere Mall aus 400 Kilometern Höhe. Auf Twitter witzelte Firmenchef Will Marshall anschließend, dieses Bild könne die Angelegenheit klären, sollte Biden behaupten, es sei die größte Menschenmenge aller Zeiten zusammengekommen. Dass der jetzige Präsident sich tatsächlich mit solchen Fragen beschäftigt, darf aber als unwahrscheinlich gelten. Er hat, wie man so sagt, Besseres zu tun.
Verantwortlich für die leeren Straßen war ohnehin nicht etwa das Desinteresse der Amerikaner an ihrem neuen Staatsoberhaupt und dessen ebenfalls vereidigter Stellvertreterin Kamala Harris. Grund waren vielmehr die strengen Corona-Regeln und die nach dem Sturm eines rechten Mobs auf das Kapitol am Nachmittag des 6. Januar massiv erhöhten Sicherheitsvorkehrungen in der Hauptstadt
spiegel
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