In der frühen Phase der Corona-Pandemie zitierte die russische Nachrichtenagentur „Sputniknews Deutschland“ einen israelischen ehemaligen Geheimdienstoffizier mit der These, dass das neuartige Coronavirus künstlichen Ursprungs sein könnte. Obwohl der Artikel diese These nur als eine von vielen erwähnte, schaffte er es bis in die Tagesschau – als ein Beispiel für sogenannte Verschwörungstheorien.
Trump sieht den Pandemie-Ursprung in chinesischem Forschungslabor
Als etwas später, im Mai 2020, der damalige US-Präsident Donald Trump dieselbe Theorie verbreitete, wurde diese ohne jeglichen Verweis auf Verschwörungen von so ziemlich allen „Qualitätsmedien“ wiedergegeben:
„Der US-Präsident hat nach eigenen Angaben Hinweise darauf, dass die Corona-Pandemie ihren Ursprung in einem chinesischen Forschungslabor genommen haben könnte.“
Daher stammt auch der gerade in den USA weitverbreitete Begriff „Wuhan-Virus“.
Mittlerweise haben zahlreiche Virologen, Genetiker, Biochemiker und andere Wissenschaftler das Genom von SARS-CoV-2 analysiert: Es ist zu 96 Prozent identisch mit Coronaviren in Fledermäusen und zu 99,8 Prozent mit deren Variante in Larvenrollern, die 2002 auf Menschen übersprang. Studien belegen, dass es keinerlei Merkmale einer künstlichen Herstellung aufweist. Am 13. Februar 2020 verwarfen der international anerkannte Genetiker Trevor Bedford und danach weitere Wissenschaftler mit umfassenden Genanalysen die These einer künstlichen Herstellung des Virus.
WHO kann Corona-Ursprung nicht abschließend klären
Für die meisten Forscher und auch die Weltgesundheitsorganisation kann die Frage, ob das neuartige Coronavirus aus einem Labor kommt, bislang nicht abschließend geklärt werden. Ein Hamburger Physiker ist sich nun allerdings sicher, die Antwort darauf zu haben. Der Physikprofessor Roland Wiesendanger sagt in einer Pressemitteilung der Universität Hamburg, dass „sowohl die Zahl als auch die Qualität der Indizien für einen Laborunfall am virologischen Institut der Stadt Wuhan“ sprechen würden. Mittlerweile wird auch Wiesendangers Theorie kritisiert. Die Herangehensweise sei nicht wissenschaftlich, die Untersuchung könne nicht als „Studie“ bezeichnet werden. Viele kritisieren auch die Quellen, die Wiesendanger verwendet hat, teils seien dies Twitter-Accounts, Youtube-Videos oder Boulevard-Medien. Der Physiker selbst sagte gegenüber „ZDFheute“, sein Papier sei „nicht für die Wissenschaftscommunity, sondern für die Öffentlichkeit“ bestimmt.
Bevor die Studie näher begutachtet wurde, wurde sie allerdings von Medien wie die „Bild“-Zeitung und in sozialen Medien aufgegriffen und weiterverbreitet.
Dieses wohlwollende Schicksal ist dem chinesischen Versuch, den Virusursprung im „US Army Medical Research Institute of Infectious Diseases“ in Fort Detrick, Maryland, zu verorten, leider nicht vergönnt. Als Reaktion auf die US-Vorwürfe, die Pandemie hätte ihren Ursprung im Labor in Wuhan gehabt, forderte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin, im vergangenen Jahr die USA auf, der internationalen Gemeinschaft die Wahrheit über das Forschungslabor für Infektionskrankheiten der US-Armee zu sagen und gleichzeitig die Verschwörungstheorie über das Biologielabor in Wuhan zu widerlegen. Darüber berichtete die chinesische Zeitung „Global Times“.
„Da wir von der Wahrheit sprechen, möchten wir, dass die US-Regierung den USA und der internationalen Gemeinschaft die Wahrheit über das US Army Medical Research Institute of Infectious Diseases in Fort Detrick, Maryland, sagt“, so Wang.
Das US-Labor sorge für große Verärgerung, weil es im April 2020 ungeachtet des Widerstandes der US-Bürger und der Weltöffentlichkeit wiedereröffnet wurde, nachdem es monatelang wegen angeblicher „struktureller Mängel“ geschlossen gewesen sei. Die Forderungen des chinesischen Außenministeriums fanden keinen großen Widerhall in den europäischen Medien. Immerhin berichtete auch der britische „Guardian“ kürzlich über die „Verschwörungstheorien“. Den Chinesen half auch nicht, dass ihre Behauptungen sogar von einem Reporter mit Borat-Akzent unterfüttert wurden:
snanews
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