Nein, für Alexander Nübel läuft es beim FC Bayern noch so gar nicht: Zwei geschenkte Einsätze im DFB-Pokal und in der Champions League stehen für den Torwart für die laufende Saison in der Statistik, zuletzt war er verletzungsbedingt nicht mal mehr Stellvertreter von Welttorhüter Manuel Neuer. Der 24-Jährige darf sich zwar inzwischen Supercup-Gewinner (national und international) nennen, in seiner Abwesenheit wurde der FC Bayern auch noch Klubweltmeister. Mehr Medaillen als Spiele. Das war sicher nicht das Ziel, als Nübel unter großem Getöse vor der Saison vom FC Schalke zum FC Bayern kam. Jetzt will man offenbar den Kurs schnell korrigieren, meldet das Nübel-Lager.
Denn Nübels Berater findet "diese Situation unbefriedigend. Man muss im Sommer über eine Ausleihe nachdenken, wenn Alex nicht mehr zum Spielen kommt", sagte Stefan Backs dem "Kicker". Nun ist es dieser Tage eigentlich keine schlechte Idee, sich möglichst schnell möglichst weit vom FC Schalke abzusetzen, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Doch die Sache mit dem Wechsel zum FC Bayern, das war für den zweifelsfrei talentierten, ambitionierten Nübel, der sein Potenzial ein gutes halbes Jahr im Schalker Abstiegsstrudel nachgewiesen hat, doch nicht so schlau. Und eigentlich hätte man es auch ahnen können.
"Insgesamt fühlt sich Alex superwohl bei Bayern", hatte Backs im Januar der Münchener "Abendzeitung" berichtet, aber "ein kleines Manko gibt es natürlich: Er muss irgendwann auf mehr Spiele kommen." Ein großes Problem wollte der Agent da noch nicht aus der Sache machen, denn "Alex ist ein entspannter Typ, sein Vertrag in München läuft bis 2025. Wir haben mit Bayern mehrere Szenarien durchgespielt, wie die nächsten Jahre verlaufen können. Bayern ist ein Langzeitprojekt für Alex."
Neuer hielt den Wechsel für eine dumme Idee
Eines der Szenarien sah vor, dass der Neue hinter Neuer in seiner ersten Saison in München zehn Einsätze geschenkt bekommt. Zwei sind es bisher. In der überraschend kurzen Pokalsaison des FC Bayern, die schon nach der zweiten Runde beendet war, wird es für Nübel bei 90 Minuten gegen den Viertligisten GFC Düren bleiben. In der Champions League und in der doch wieder eng gewordenen Meisterschaft wird sich Hansi Flick hüten, in den wichtigen Spielen nicht die bestmögliche Mannschaft aufs Feld zu schicken. Das erste Szenario ist schon vom Tisch.
Und Manuel Neuer, das hatte der schon früh klar gemacht, hat sowieso überhaupt keinen Bock auf Schonung und Verzicht. "Welcher Trainer würde Spieler aufstellen, die nicht die besten sind?", fragte er und sagte in aller Klarheit: "Ich bin der Überzeugung, dass ich der Beste bin, auch wenn ich nicht mehr 17 bin." Und schon vorher, da war sein eigener Vertrag noch gar nicht über das Ende der laufenden Saison verlängert, stellte Neuer klar: "Ich bin kein Statist, sondern Protagonist und möchte immer spielen."
Nübels Entschluss, sehenden Auges aus dem Schalke-Tor auf die Bayern-Bank zu wechseln, das hatte er im Januar 2020 im Januar klar gemacht, ist für ihn eine ganz dumme Idee: "Ich kann mich nicht in ihn hineinversetzen", sagte Neuer damals. "Aber ich bin ein Spieler gewesen, der immer spielen wollte, immer die Nummer eins sein. Für mich als Manuel Neuer damals wollte ich immer spielen."
Neuer ist 34 Jahre alt, der Vertrag des fünfmaligen Welttorhüters wurde wenige Wochen nach dem Deal mit Nübel bis 2023 verlängert. Im Juni 2023, wenn das Arbeitspapier des Alphaprofis ausläuft, ist er 37. Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass Neuer dann nicht mehr weiterhin Weltklasse verkörpert, dass der Weltmeister und Allesgewinner es dann nicht mehr bringt. Und es deutet nichts darauf hin, dass Neuer irgendetwas von seinem Siegeswillen, seinem Ehrgeiz nach und nach abhanden kommt. Und nach dann 18 Jahren beim FC Bayern kann für den wohl besten, jedenfalls erfolgreichsten deutschen Torhüter der Geschichte eigentlich auch nichts mehr kommen, mit einem Wechsel kann er sich nur verschlechtern.
Nübel muss weg
Er wolle noch so lange im Tor stehen, "wie ich mich gut fühle, Leistung zeigen kann, mir Fußball spielen Spaß macht, ich gebraucht werde und das Gefühl habe, dass es wichtig ist, dass ich auf dem Platz stehe und das Team mich braucht." Nein, Neuer wird die Tür für seinen designierten Nachfolger eher nicht öffnen. Wenn es für Nübel gut läuft, gibt es ab dem Sommer 2023 eine ernsthafte Chance, Stammtorhüter beim FC Bayern zu werden. Entscheidet sich Neuer, weiterzumachen, wird es finster. Es wirkt derzeit unvorstellbar, dass es dann einen offenen Zweikampf um den Platz zwischen den Pfosten beim Rekordmeister geben wird.
Und es ist ausgeschlossen, dass Neuer sich einen Karrierewinter auf der Bank antun wird. Zu frisch ist die Erinnerung an den Zirkus, der ausbrach, als Barcelonas Weltklassetorhüter Marc-André ter Stegen vorsichtig formulierte, er würde auch gerne öfter im Nationalteam zum Einsatz kommen. Neuer kanzelte den starken Herausforderer damals deutlich ab: "Ich weiß nicht, ob das förderlich ist und uns das hilft. Ich bin ein Mannschaftsspieler. Auch wir Torhüter müssen zusammenhalten." Ihm sei "natürlich klar, dass ter Stegen ein Super-Torwart ist und dass er auch spielen möchte. Und dass er immer Leistung gezeigt hat, habe ich auch immer gesagt." Aber: "Ich zeige halt auch sehr gute Leistungen."
Gute Leistungen würde Nübel nun auch gerne mal wieder zeigen. Im Wettkampf, nicht im Training. Beim FC Bayern würde er - bleibt Neuer gesund - auch in den kommenden Jahren nicht über ein paar sportliche Freundlichkeiten hinauskommen. Bleibt die Flucht, um den Frust zu lindern. Nach Informationen des "Kicker" könnte die AS Monaco einen Weg aus der Misere bieten, zumindest kurzfristig. Dort arbeitet Niko Kovac derzeit erfolgreich an einem Europa-League-Startplatz für die kommende Saison, vielleicht wird sogar mehr draus. Der Klub aus dem Fürstentum soll sehr interessiert an einer Leihe sein. Der Plan war das nicht, als Nübel in München unterschrieb. Ein Ausweg wäre die Leihe nicht, bestenfalls ein Umweg.
Quelle: ntv.de
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