Von der Leyen zieht Konsequenz aus "Sofagate"

  13 April 2021    Gelesen: 613
Von der Leyen zieht Konsequenz aus "Sofagate"

Nach dem diplomatischen Eklat in Ankara trifft von der Leyen erstmals auf Michel und findet klare Worte: Eine Behandlung wie in der "Sofagate"-Affäre lässt sie sich nicht noch einmal gefallen. Ein "Modus Vivendi" soll solche Situationen künftig verhindern. Der Europäische Rat reagiert abweisend.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will nicht noch einmal eine Behandlung wie beim EU-Türkei-Treffen in der vergangenen Woche akzeptieren. Die Präsidentin habe in einem Gespräch mit EU-Ratspräsident Charles Michel deutlich gemacht, dass sie eine solche Situation nie wieder zulassen werde, hieß es aus Kreisen der EU-Kommission.

Michel ließ erklären, dass sich ein solcher Vorfall auch aus seiner Sicht nicht wiederholen dürfe. Ein Sprecher kündigte an, dass der Belgier an diesem Dienstag bei einem Treffen mit Vertretern des Europaparlaments noch einmal sein tiefes Bedauern zum Ausdruck bringen werde.

Bei dem Treffen vergangener Woche war für Michel ein großer Stuhl neben dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan reserviert. Von der Leyen bekam hingegen einen Platz auf einem Sofa zugewiesen. In einem Video ist zu sehen, wie die Kommissionspräsidentin zum Auftakt des Treffens im Präsidialamt zunächst stehen bleibt und mit einem "Ähm" reagiert, als sich Erdogan und Michel auf die zwei nebeneinander stehenden Sessel setzen. In der EU-Kommission, aber auch in Teilen der Öffentlichkeit wurde diese Sitzordnung als herabsetzend empfunden.

Die Brüskierung von der Leyens vor laufenden Kameras hatte zu Empörung in Brüssel geführt. Die türkische Regierung sah sich dem Vorwurf der Frauenfeindlichkeit ausgesetzt. Massive Kritik gab es aber auch an Michel, weil dieser nicht sofort gegen von der Leyens Behandlung protestiert hatte.

Michel zeigt Reue, aber bleibt bestimmt

Im Interview mit verschiedenen europäischen Zeitungen zeigte sich der Belgier reumütig: "Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich seither nachts nicht gut schlafe, weil sich die Szenen in meinem Kopf immer wieder abspielen." Seine Institution, der Rat der Mitgliedstaaten, betonte allerdings auch, dass der Ratspräsident als Vertreter der EU-Länder protokollarischen Vorrang bei Auslandsbesuchen habe. Er und von der Leyen hätten vor Ort entschieden, die Sache nicht durch einen öffentlichen Eklat noch schlimmer zu machen.

Die Kommission bestreitet diese Interpretation und fordert den gleichen Protokollrang für die Präsidenten beider Institutionen. Es solle nun ein "Modus Vivendi" gefunden werden, "um solche Situationen in Zukunft zu vermeiden", sagte dazu ein Sprecher von der Leyens. Ihr Team habe eine Liste mit fünf Punkten an das Team von Michel übermittelt.

Der Rat sieht sieht darin allerdings "eine Reihe von Bedingungen" mit dem Ziel, "den Europäischen Rat zu schwächen". "Die Kommission nutzt jetzt diesen Vorfall aus", sagte ein Ratsvertreter. Von der Leyens Sprecher wies diese Darstellung zurück.

Führende EU-Abgeordnete verlangten zu dem Vorfall eine Anhörung im Parlamentsplenum. Am Dienstag stellen sich Michel und von der Leyen nun zunächst den Fragen der Fraktionsvorsitzenden. Michel will das Treffen nach Aussagen seines Sprechers auch für einen Appell nutzen, keine Spaltung der EU zuzulassen. Eine Debatte im Plenum des EU-Parlaments ist ebenfalls geplant.

Quelle: ntv.de, spl/AFP/dpa


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