Ein Antrag auf die Erweiterung der bestehenden Notfallzulassung für den Impfstoff sei bei der Arzneimittelbehörde FDA eingereicht worden, erklärte Pfizer. Ähnliche Anträge sollten in den kommenden Tagen weltweit auch bei anderen Zulassungsbehörden gestellt werden. Bislang ist der Einsatz des Impfstoffs in den USA erst ab 16 Jahren zugelassen. Eine klinische Studie in der Altersgruppe von 12 bis 15 Jahren habe eine Wirksamkeit von 100 Prozent gezeigt, erklärten der US-Konzern Pfizer und das deutsche Unternehmen Biontech.
Zahlreiche Studien belegen inzwischen, dass die zuerst in Großbritannien aufgetretene Corona-Mutante B.1.1.7 ansteckender und gefährlicher ist als das ursprüngliche Sars-Cov-2-Virus. Zugleich verdichten sich die Hinweise, dass die mittlerweile dominante Virusvariante vor allem Kinder und Jugendliche befällt.
Das Magazin "Der Spiegel" berichtet von einer Analyse aus Großbritannien, in der eine Mathematikerin mit einem ausgeklügelten Verfahren nachweisen konnte, dass die Mutante sich wohl tatsächlich bevorzugt unter Kindern verbreitet.
„Die Kinder infizieren ihre Eltern“
Ähnlich eindeutige Erkenntnisse gibt es auch in Belgien. „Wir konnten hier in den letzten Wochen ein lebhaftes Infektionsgeschehen bei Kindern beobachten“, zitiert das Magazin den Medizinprofessor und Public-Health-Experten Dirk Devroey von der Freien Universität Brüssel. „Speziell bei den Sechs- bis Zwölfjährigen.“ Er hält die Schulen für einen „Motor des Infektionsgeschehens“.
Auch in Deutschland werden laut „Spiegel“ seit Mitte Februar zunehmend Kinder bis 14 positiv auf das Coronavirus getestet. Drei Wochen später zeigten RKI-Tabellen, dass die Fallzahlen bei Jugendlichen und ungeimpften Erwachsenen sprunghaft anstiegen – auch in der Generation der Eltern. Das RKI selbst betont: Die COVID-19-Fallzahlen steigen in allen Altersgruppen wieder an, besonders stark jedoch bei Kindern und Jugendlichen, von denen auch zunehmend Übertragungen und Ausbruchsgeschehen ausgehen.“
„Long Covid“ und „Post Covid“ trifft auch Minderjährige
Nach Einschätzung des pädiatrischen Infektiologen Markus Hufnagel vom Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsklinik Freiburg sind auch in dieser Altersgruppe mehr Spätfolgen zu erwarten, weil aus politischen Gründen Schulen und Kitas teilweise wieder geöffnet wurden. „Wir rechnen durch die Lockerungen der Maßnahmen mit mehr Betroffenen mit meist diffusen, länger anhaltenden gesundheitlichen Problemen“, sagte Hufnagel der Deutschen Presse-Agentur. „Darauf ist die Pädiatrie im Vergleich zur Versorgungssituation bei Erwachsenen nach überstandener Infektion noch nicht vorbereitet.“
Akute Corona-Infektionen laufen bei Kindern oft symptomlos ab, schwere Krankheitsverläufe sind auch noch bei Jugendlichen eher selten. Von Spätfolgen wird aber auch bei Minderjährigen berichtet. In der Fachsprache ist bei dem Phänomen von „Long Covid“ oder „Post Covid“ die Rede. Da für Kinder und Jugendliche noch keine Corona-Impfstoffe zugelassen sind, zählen sie zu den Gruppen, die noch einige Monate empfänglich für das Virus sein werden.
Dass eine Infektion mit dem Coronavirus auch für Kinder und Jugendliche gravierende Langzeitfolgen haben kann, ist mittlerweile in der Medizin bekannt. Als mögliche Reaktion nach einer meist symptomlosen Infektion rückte zuletzt das Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome (PIMS) in den Blick. Eines von 1.000 Kindern wird vier bis sechs Wochen nach der Infektion plötzlich krank und entwickelt Symptome wie hohes Fieber, Probleme am Herzen, im Darm und Hautausschlag. Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie hat 245 Kinder mit PIMS registriert, sieben haben bisher Folgeschäden behalten, vor allem am Herzen.
Schnelltests oder Schulschließungen als Mittel der Wahl
Solange es keinen Impfstoff für Kinder und Jugendliche gibt, könnte es schwierig sein, das Problem in den Griff zu bekommen. Derzeit kommen vor allem regelmäßige Schnelltests oder eine Schließung der Schulen in Frage, um zumindest die Infektionsketten zu unterbrechen. Doch eine dauerhafte Schulschließung hat immer gravierende Auswirkungen auf die Bildung der Kinder.
Alle großen Hersteller testen bereits
Einen nachhaltigen Ausweg bietet deshalb wohl nur der Impfstoff. Aktuell laufen mehrere klinische Studien zur Impfung von Kindern. Auch der US-Hersteller Moderna ist laut einem Bericht von tagesschau.de im März in die klinischen Studien eingestiegen. Getestet werden demnach 6.750 gesunde Kinder im Alter zwischen 6 Monaten und 11 Jahren und in einer weiteren Studie 3.000 Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren. Moderna wolle bis zum Sommer erste Ergebnisse vorlegen.
Ebenfalls bis zum Sommer rechneten das britisch-schwedische Unternehmen Astrazeneca und die Universität Oxford mit Ergebnissen. Sie testen ihren Corona-Impfstoff den Angaben zufolge seit Februar an 300 Freiwilligen im Alter von 6 bis 17 Jahren.
Auch der vierte in der EU zugelassene Corona-Impfstoff des US-Herstellers Johnson & Johnson werde bereits in Studien auf die Wirksamkeit und Sicherheit bei Kindern geprüft. Seit August würden Teilnehmer ab 12 Jahren getestet.
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