Steinmeier gegen Kurswechsel in Flüchtlingspolitik

  17 März 2016    Gelesen: 694
Steinmeier gegen Kurswechsel in Flüchtlingspolitik
Die Alleingänge in Europa müssen aufhören, warnt Frank-Walter Steinmeier. Wohin diese führten, zeigten die Bilder aus Idomeni. "Mediale Querschüsse" in der Flüchtlingsfrage kritisiert er scharf.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat den Kurs der Bundesregierung in der Flüchtlingspolitik verteidigt: "Ich erwarte, dass Europa wieder zusammenfindet", sagte er der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstagausgabe) mit Blick auf den heute beginnenden EU-Gipfel in Brüssel. "Es kann nur eine europäische Lösung für das Flüchtlingsproblem geben. Die Bilder in Idomeni führen uns auf dramatische Weise vor Augen, wohin nationale Alleingänge führen", sagte er. Diese Alleingänge müssten mit diesem Gipfel aufhören.

"Zur europäischen Lösung gehört eine Einigung mit der Türkei, die endlich verhindert, dass sich Menschen in die Hände von skrupellosen Schleppern und auf eine lebensgefährliche Reise begeben", so der Außenminister. Illegale und unkontrollierte Migration müsse durch legale und kontrollierte Kontingente ersetzt werden. Gleichzeitig sollte Griechenland durch stärkere Unterstützung in die Lage versetzt werden, die Vereinbarungen auch umgehend voll umzusetzen.

Steinmeier wies die Forderungen des Koalitionspartners CSU nach einem Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik zurück: "Die Menschen haben zu Recht wenig Verständnis für die ständigen medialen Querschüsse der letzten Monate seitens der CSU." Dies führe auf Dauer zu einem Vertrauensverlust in die Politik insgesamt.

"Schleuser sind flexibel und verlagern ihre Schwerpunkte"

Angesichts des ungebrochenen Zustroms von Flüchtlingen nach Griechenland verlautete aus Nato-Kreisen, dass sich die Schleuser inzwischen auf den Nato-Marineeinsatz in der Ägäis eingestellt hätten und den Schiffen auswichen. Die 20 bis 40 Flüchtlingsboote pro Tag suchten sich ihre Routen danach aus, wie der Nato-Verband mit seinen sieben Schiffen aufgestellt sei, sagte Nato-Kommandeur Jörg Klein der Deutschen-Presse-Agentur. "Wenn wir da sind, wirkt das. Aber die Schleuser sind sehr flexibel und verlagern ihre Schwerpunkte." Sinnvoll wäre daher, die Nato-Aktivität möglichst rasch auf weitere Küstengewässer in der Ägäis auszuweiten.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte vor dem Treffen in Brüssel für das Abkommen geworben und weitere Milliardenhilfen für die Türkei in Aussicht gestellt. Der türkische Regierungschef Ahmet Davutoglu wird erst am Freitag in der Spitzenrunde erwartet.

Nach den Vorgaben der geplanten Vereinbarung würden künftig nahezu alle Flüchtlinge, die auf die griechischen Inseln übersetzen, wieder in die Türkei zurückgeschickt werden. Migranten, für die die Türkei kein sogenanntes sicheres Drittland sei, könnten in der EU bleiben, sagten EU-Experten. Dafür müssten sie sich in Griechenland gegen ihre Ausweisung wehren und Gehör finden – denkbar wäre dies beispielsweise bei syrischen Kurden.

Juncker sieht Türkei auch in zehn Jahren nicht in der EU

Menschenrechtsorganisationen haben das geplante Abkommen der EU mit der Türkei kritisiert und auch die Schließung der Balkanroute für Flüchtlinge verurteilt.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker äußerte sich zuversichtlich zu den Erfolgsaussichten des EU-Gipfels. "Ich bin vorsichtig optimistisch. Wir werden mit der Türkei in den kommenden Tagen eine verbindliche Abmachung treffen, die wir beim letzten Gipfel bereits vorbereitet hatten", sagte Juncker dem "Handelsblatt" (Donnerstag).

Er bestritt, dass die EU mit der Rückführung illegaler Migranten in die Türkei gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstoße. Skeptisch äußerte sich Juncker zu den Aussichten für die Türkei, EU-Mitglied zu werden. "Momentan ist die Türkei nicht beitrittsreif. Und ich glaube, das wird sie auch in zehn Jahren noch nicht sein", sagte er.

Quelle : welt.de

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