Ciesek: Schutz erst nach zweiter Impfung

  05 Mai 2021    Gelesen: 1339
Ciesek: Schutz erst nach zweiter Impfung

Die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek fordert mehr Aufklärungsarbeit zum Impfschutz. Menschen würden sich sonst nach dem ersten Piks in falscher Sicherheit wiegen, sagt Ciesek im NDR-Podcast "Das Coronavirus-Update". Nur bei einem Impfstoff gilt das nicht.

Die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek ist zuversichtlich, dass sich die Corona-Situation in Deutschland entspannt. "Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg", sagte die Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt im NDR-Podcast "Das Coronavirus-Update". Dabei sei jedoch wichtig, dass Menschen die Zweitimpfung für den vollen Impfschutz wahrnehmen.

Das Impftempo sei schneller als vorhergesagt, bis zu eine Million Impfungen pro Tag seien eine gute Zahl, sagte die Virologin. "Ich bin optimistisch: Wenn wir es schaffen, weiter schnell und gezielt zu impfen und vielleicht in vier Wochen schon die Hälfte der Erwachsenen die erste Dosis bekommen haben, dass sich die Situation dann weiter entspannen wird." Das Impftempo spiele "eine entscheidende Rolle", sei aber nicht der einzige Grund. Auch das veränderte Verhalten der Menschen spiele eine Rolle, ebenso wie der beginnende Sommer. "Das ist immer ein Zusammenspiel."

Immunologisches Gedächtnis erst nach zweiter Impfung

Zu den geplanten Lockerungen sagte Ciesek, man müsse unterscheiden, wer auf wen treffe: Eine Gruppe vollständig geimpfter Personen sei nahezu vollständig geschützt. "Hier kann es zu einer Lockerung kommen." Anders sehe es in der Öffentlichkeit aus, wo ganz viele noch nicht geimpft sind. "Da muss man noch vorsichtig sein und als Geimpfter noch Rücksicht nehmen auf die, die nicht geimpft sind."

Ciesek betonte, wie wichtig die Zweitimpfung ist. Erst zwei Wochen nach dem zweiten Termin habe man vollen Impfschutz. Sie plädierte dafür, die Menschen besser darüber aufzuklären, "dass nicht sofort ein Schutz besteht". Der Impfschutz werde mit der zweiten Dosis nicht nur gesteigert, sondern auch erst langfristig verankert. "Erst mit der zweiten Impfung erreicht man das immunologische Gedächtnis", sagte Ciesek.

Nur beim Vakzin von Johnson & Johnson ist kein zweiter Impftermin vorgesehen. "Da hat man in den Studien wohl gesehen, dass eine zweite Impfung keine stärkere Antikörper-Bildung bewirkt", sagte Ciesek. Diesen Einmal-Impfstoff hält sie besonders für Menschen geeignet, die eher schwer einen zweiten Termin wahrnehmen können - wie etwa Obdachlose oder Drogenabhängige. "Wir sollten versuchen, die verhältnismäßig wenigen Dosen, die wir von Johnson & Johnson haben, für diese Gruppen zu verwenden", regt Ciesek an.

Virologin rechnet mit baldiger Zulassung für Jüngere

Die Virologin erwartet die baldige Zulassung des Biontech/Pfizer-Impfstoffs für 12- bis 15-Jährige in Europa. "Dann könnte man damit rechnen, dass diese Altersgruppe schon ab Juni geimpft werden könnte", sagte sie - theoretisch. Praktisch sei Impfstoff aber immer noch knapp. Und da größtenteils nach Alter geimpft werde, werde das für die breite Masse der Kinder wohl noch dauern.

Auch für Covid-19-Genesene hält Ciesek eine Impfung für sinnvoll, um den Immunschutz möglichst umfassend und möglichst lange aufrechtzuerhalten. "Auch diejenigen, die bereits infiziert waren, profitieren von einer Impfung", sagt sie. Zumal Daten den Schluss nahelegen würden, dass die Impfung bei Genesenen auch vor der britischen und der südafrikanischen Variante besser schützt. In diesen Fällen reiche eine Impfung aus. "Laut einer Studie sind sie nach einer Spritze mindestens genauso gut geschützt wie zweimal Geimpfte ohne vorherige Infektion." Eine zweite Spritze bringe in diesen Fällen offenbar keinen zusätzlichen Vorteil.

Die Virologin weist jedoch darauf hin, dass nach wie vor unklar sei, wie lange der hochwirksame Immunschutz anhält. "Da werden wir auf andere Länder wie Israel schauen müssen, die uns in puncto Durchimpfung der Bevölkerung weit voraus sind."

Quelle: ntv.de, joh/dpa


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