Petry wütet gegen “Heuchler“

  23 März 2016    Gelesen: 887
Petry wütet gegen “Heuchler“
Nach den Anschlägen von Brüssel warnt die AfD-Chefin vor Lichterketten gegen rechte Hetzer. Und sie beschimpft Menschen, die sich solidarisch mit den Toten zeigen wollen.
Schon kurz nach den Anschlägen von Brüssel wussten AfD-Politiker, wer die Verantwortung für die Toten trägt: die anderen – der Teil der deutschen Gesellschaft, der aus Sicht der AfD das falsche Feindbild hat.

"Jetzt werden Sie nämlich wieder irgendetwas sein", schrieb die AfD-Vorsitzende Frauke Petry in einem Text mit vielen Ausrufungszeichen auf Facebook. "Sie waren Charlie, sie waren Paris und jetzt sind alle Brüssel oder gar Belgien" (Rechtschreibung wie im Original). Petry spielt damit auf Bilder und Hashtags an, die nach den Anschlägen gegen das Satiremagazin "Charlie Hebdo" im Januar 2015 und nach den Anschlägen in Paris im November aufkamen. An Menschen gerichtet, die solche Bilder geteilt hatten, schreibt Petry: "Damit Sie Ihre nutzlosen Bilder nicht immer austauschen müssen, ein kleiner Tipp: #IchbinWelt". Das passe immer "und vor allem immer öfter, ihr Heuchler".

Petry suggeriert, die "Lichterketten" und Hashtags, die jetzt zu erwarten seien, richteten sich "gegen rechte Hetzer". Nach den Anschlägen von Paris gab es solche Veranstaltungen allerdings gar nicht. "Wir erwarten jetzt Maßnahmen gegen Terroristen und nicht Lichterketten gegen diejenigen, die vor diesen Zuständen seit Jahren warnen!", so Petry weiter. "Der Traum vom bunten Europa ist kaputt, weggebombt zum wiederholten Mal! Akzeptiert es endlich!"

Der Text ist eine leicht veränderte Kopie eines Facebook-Posts des nordrhein-westfälischen AfD-Vorsitzenden und Europaabgeordneten Marcus Pretzell, der Petrys Lebensgefährte ist. Pretzell nennt Menschen, die sich mit Hashtags und Bildern solidarisch mit Brüssel zeigen, allerdings nicht "Heuchler", sondern "verfluchte Heuchler". Auf Twitter benutzt er den Hashtag "jesuisheuchler". Später teilte er einen Tweet, in dem es heißt: "Grünen Politikerin will islamische Parallelgesellschaften durch Sozialarbeit heilen. Heiliger Bimbam. Sperrt diese Irren endlich weg." Der Urheber dieses Tweets hatte sich zuvor übrigens gewünscht, die Attentäter hätten nicht den Flughafen von Brüssel, sondern das Europaparlament angegriffen.

Für die AfD sind Muslime das Problem

Wie viele Politiker sagt die AfD-Europaabgeordnete Beatrix von Storch, die Anschläge hätten "unserer Art zu leben" gegolten. "Wir haben ein Problem in Europa. Das Problem ist importiert. Wir vergrößern das Problem jeden Tag. Und: das Problem hat mit dem politischen Islam zu tun. Nicht mit allen Muslimen. Aber mit dem politischen Islam." Wie die AfD mit dem Islam umgehen will, kann man im Entwurf für das Parteiprogramm nachlesen, das die Partei soeben veröffentlicht hat. Darin geht es nicht um die Integration von Muslimen, sondern um die Abwehr – nicht nur des politischen Islam, sondern des Islam überhaupt: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland", heißt es in dem Programmentwurf. "In seiner Ausbreitung und in der Präsenz einer ständig wachsenden Zahl von Muslimen sieht die AfD eine große Herausforderung für unseren Staat."

Die AfD Sachsen-Anhalt schrieb bei Facebook, "das größte Verschulden" an den Anschlägen von Brüssel trage "Noch-Kanzlerin Merkel mit ihrer unverantwortlichen totalen Grenzöffnung". Die AfD Rheinland-Pfalz erklärt etwas ausführlicher, dass Merkels "Asylpolitik der offenen Grenzen" einem der Attentäter von Paris, Salah Abdeslam, ermöglicht habe, "seine Terror-Schäfchen in halb Europa aufzusammeln". Abdeslam war am Freitag in Brüssel festgenommen worden. Zur Erinnerung: Abdeslam ist kein Flüchtling und kein Asylbewerber, er ist in Brüssel zur Welt gekommen.

Ein Pfarrer aus Sachsen kommentierte die Anschläge von Brüssel mit einem Retweet. Darin heißt es, den Flüchtlingen die Schuld für die Attentate zu geben, sei so sinnvoll, wie ein Rettungsboot für den Eisberg verantwortlich zu machen. Der Pfarrer heißt Sven Petry, er ist der Ehemann der AfD-Vorsitzenden.

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