An diesem Samstagabend steht im Berliner Olympiastadion ein Spiel gegen England an - vier Tage nach dem blutigen Terror in Brüssel. Die Sicherheitslage in der Hauptstadt ist entsprechend angespannt. Ein Risiko will hier niemand eingehen. Derzeit gebe es aber keine Hinweise auf konkrete Gefahren, die erneut zu einer Absage führen könnten, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Dienstagabend. "Wir haben schon einmal anders entschieden. Aber es gibt jetzt keine Hinweise darauf, dass das Spiel nicht stattfinden könnte."
Nadelsuche im Heuhaufen der Hinweise
Allerdings kann sich diese Einschätzung stündlich ändern. Nach Terroranschlägen gehen bei den Behörden massenhaft Hinweise auf angebliche Bedrohungen ein. Da melden sich auch Trittbrettfahrer, Wichtigtuer und besorgte Bürger. Viele meinen plötzlich, etwas gesehen oder gehört zu haben. Es ist enorm schwierig, aus der Vielzahl der Informationen den vielleicht entscheidenden Hinweis herauszufiltern, Substanzielles von Schwachsinn zu unterscheiden. Von Wert ist ein Hinweis nur, wenn er hinreichend konkret ist - also wenn jemand zum Beispiel Namen oder Vorgehensweisen für einen drohenden Anschlag nennt -, wenn dieser Jemand glaubwürdig ist und es möglichst auch weitere Quellen gibt. Das kann auch in letzter Minute passieren.
So war es im November in Hannover. Die Hinweise hätten sich erst im Laufe des Abends verdichtet, sagte de Maizière damals. Auf Fragen nach den Hintergründen antwortete er mit einem irritierenden - und vielfach verspotteten - Satz: "Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern", sagte er da. Der Umgang mit Gefahrenhinweisen ist eine heikle Angelegenheit.
Wachsamkeit statt Hysterie
In der Hauptstadt setzt man kurz vor dem Länderspiel auf Wachsamkeit - und will Hysterie vermeiden. Die Polizei verrät wie üblich nicht, wie viele Leute sie einsetzt. Innensenator Frank Henkel (CDU), der das Spiel selbst besuchen will, erklärte nur: "Die Behörden haben ihre Maßnahmen bereits nach den grausamen Anschlägen von Paris angepasst, insbesondere auch bei Fußballspielen. Das Sicherheitsniveau ist sehr hoch." Er räumte aber auch ein, "absolute Sicherheit" gebe es nicht.
Aus Sicht der Sicherheitsbehörden gibt es mehrere gefährdete Bereiche bei Großereignissen wie einem Länderspiel mit Zehntausenden Zuschauern: Sammelstellen der Fans etwa am Alexanderplatz oder Kudamm, volle S-Bahnen und U-Bahnen, der Bereich vor dem Stadion und das Stadion selbst mit seinen Zuschauerrängen. Die Polizei wird schon Stunden vor dem Spiel an zentralen Plätzen und vor dem Stadion präsent sein. Die Bundespolizei kümmert sich um die Bahnhöfe und wird auch in S-Bahnen mitfahren.
Polizisten werden mit Suchhunden unterwegs sein, die auf das Aufspüren von Sprengstoff trainiert sind. Die Berliner Verkehrsbetriebe BVG betonten, ihre Mitarbeiter seien besonders sensibilisiert. "Wir haben schon lange eine erhöhte Sicherheitsstufe", sagt Sprecherin Petra Reetz. Den Zugang zum Stadion kontrollieren wie üblich Ordner und Wachleute - diesmal voraussichtlich noch strenger als sonst. Besonders Taschen, Rucksäcke und die Kleidung werden die Wachleute durchsuchen. Stadionbesucher sollte längere Wartezeiten einkalkulieren.
Alle Kontrollen "intensiviert"
Bei den Terroranschlägen in Paris hatten Selbstmordattentäter vergeblich versucht, in das gefüllte Stadion zu kommen. Für das Spiel in Berlin sieht der Deutsche Fußball-Bund bislang keine Gefahr. Es gebe weiterhin "keinerlei Hinweis auf die Gefährdung unserer Veranstaltung", sagte der DFB-Sicherheitsbeauftragte Hendrik Große Lefert. Nach den Terroranschlägen seien die Sicherheitsmaßnahmen rund um die deutsche Nationalmannschaft hochgefahren worden.
Die Kontrollen der Zuschauer und aller akkreditierten Stadion-Gäste "werden intensiviert", kündigte Große Lefert an. Es würden "ausreichend" Sicherheitskräfte eingesetzt, sagte er, ohne Zahlen zu nennen. Aus England werden 4000 Fans in Berlin erwartet. Im Stadion sind insgesamt 72.000 Zuschauer.
Nur eine Woche nach dem Länderspiel steht Berlin gleich das nächste sportliche Großereignis bevor. Am 3. April starten bei einem Halbmarathon 33.000 Läufer und Skater. Dazu kommen Zehntausende Zuschauer, die überall an den Straßen stehen. Auch das ist etwas, das den Sicherheitsbehörden Kopfzerbrechen bereiten dürfte.
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