Die ukrainische Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk hat die russische Initiative zur Einrichtung von Fluchtkorridoren nach Russland bestätigt und zugleich kritisiert. Ein entsprechendes Schreiben sei am Sonntag in Kiew eingegangen, sagte sie. "Das ist keine annehmbare Variante der Öffnung von humanitären Korridoren", erklärte Wereschtschuk. Die Ukrainer würden nicht aus den nördlich von Kiew gelegenen Orten nach Belarus fahren, um dann per Flugzeug nach Russland gebracht zu werden. Zuvor waren bereits zwei Evakuierungsversuche gescheitert, weil sich offenbar beide Seiten nicht an die Feuerpause gehalten hatten.
Wereschtschuk sagte, sie habe Russland vorgeschlagen, Fluchtkorridore innerhalb der Ukraine in den Westen zu öffnen. Die Waffenruhe hätte ab 10 Uhr Ortszeit (9 Uhr MEZ) gelten sollen. "Wir verlangen von der Russischen Föderation die Eröffnung von Möglichkeiten für humanitäre Korridore, über die (...) Medikamente und Lebensmittel gebracht werden können", sagte sie.
Nach Angaben des ukrainischen Außenministeriums sind nahe der Kiewer Vorstadt Irpin bei einem Versuch zur Einrichtung eines "grünen Korridors" acht Zivilisten getötet worden. Der Bürgermeister von Butscha, Anatolij Fedortschuk, sei verletzt worden.
Mit der Fortdauer des Kriegs müssten nach Angaben des ukrainischen Präsidialamtes mehrere Hunderttausend Ukrainerinnen und Ukrainer sofort aus ihren Städten evakuiert werden. Es gebe bereits mehrere Dutzend Städte in acht Regionen im Land, in denen die humanitäre Situation katastrophal sei, berichtete die ukrainische Internetzeitung "Ukrajinska Prawda" unter Berufung auf Kommentare aus dem Präsidialamt.
Alleine aus der südlichen Hafenstadt Mariupol und dem nahe gelegenen Wolnowacha sei ein humanitärer Korridor für die Ausreise von mehr als 200.000 Menschen geplant gewesen, hieß es weiter. Allerdings konnten praktisch keine Evakuierungen durchgeführt werden, beide Seiten warfen sich am Samstag und am Sonntag gegenseitig eine Verletzung der notwendigen Feuerpause vor. Die Evakuierungen wurden deshalb zunächst ausgesetzt. Das Präsidialamt hat laut "Ukrajinska Prawda" Russland zudem vorgeworfen, die humanitären Korridore als Vorwand zu benutzen, um die eigenen militärischen Positionen zu stärken und die Ukraine vollständig zu erobern.
Quelle: ntv.de, mba/dpa
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