Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Verzicht auf offene Kriegsvorbereitungen vor dem 24. Februar damit begründet, dass sein Land nicht in Panik versetzt werden sollte. Die USA hätten ihn ab Herbst 2021 immer eindringlicher vor einer von Präsident Wladimir Putin befohlenen russischen Invasion gewarnt, sagte Selenskyj der US-Zeitung "Washington Post". Seine Führung habe einen wirtschaftlichen Zusammenbruch vermeiden und die Bevölkerung im Land halten wollen.
Wenn er damals gesagt hätte, dass seine Landsleute Geld und Lebensmittel horten sollen, "dann hätte ich seit vergangenem Oktober jeden Monat sieben Milliarden US-Dollar verloren", sagte der Präsident. "Und wenn Russland dann angreift, hätten sie uns in drei Tagen erobert gehabt." Selenskyj rechtfertigte sich: "Generell war unser inneres Gefühl richtig: Wenn wir unter den Leuten vor der Invasion Chaos säen, werden die Russen uns auffressen. Denn im Chaos fliehen die Leute aus dem Land." Die Menschen in der Ukraine zu halten, sei der Schlüssel dazu gewesen, das Land zu verteidigen.
Kritiker halten Selenskyj vor, dass er die Ukraine trotz Warnungen nicht besser auf die Invasion vorbereitet habe. Die "Washington Post" zeichnet in dem langen Artikel nach, wie die Führung von US-Präsident Joe Biden im Herbst 2021 zum Schluss kam, dass Russland das Nachbarland auf alle Fälle angreifen werde. Die Erkenntnisse stützten sich auf Satellitenbilder, abgefangene Nachrichten und Kontaktpersonen. Die entsprechenden Geheimdiensterkenntnisse seien danach schrittweise mit den Verbündeten, mit der Ukraine und der Öffentlichkeit geteilt worden.
Quelle: ntv.de, ino/dpa
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