Moskau erklärt Offensive für "jämmerlich gescheitert"

  30 Auqust 2022    Gelesen: 404
  Moskau erklärt Offensive für "jämmerlich gescheitert"

Der ukrainische Präsident Selenskyj ruft die russischen Soldaten auf, vor Gegenangriffen seiner Truppen zu fliehen. Über Einzelheiten der Offensive will er jedoch nicht sprechen. Die russische Seite dementiert ukrainische Erfolge.

Ein halbes Jahr nach dem Eindringen russischer Truppen in den Süden der Ukraine hat die ukrainische Armee eine Gegenoffensive begonnen. Die äußerste Verteidigungslinie der Russen im Gebiet Cherson sei an mehreren Stellen durchbrochen worden, teilte das ukrainische Militär mit. Das Verteidigungsministerium in Moskau bestätigte ukrainische Angriffe in den Gebieten Cherson und Mykolajiw, behauptete aber, sie seien "jämmerlich gescheitert". Die ukrainische Armee habe schwere Verluste an Soldaten und Technik erlitten. Belege dafür gibt es nicht.

Für Nervosität auf russischer Seite sprechen Äußerungen aus den Besatzungsverwaltungen, die versicherten, dass gar nichts geschehe. Die angebliche Offensive sei "wie üblich ein Fake der ukrainischen Propaganda", sagte der Verwaltungschef der Krim, Sergej Aksjonow. Der russische Nationalist und frühere separatistische Feldkommandeur Igor Girkin bestätigte auf Telegram die Angriffe. Sie seien bislang aber nur als Demonstration gedacht, die Ukraine setze ihre Hauptkräfte noch nicht ein. Zu einem ähnlichen Schluss kamen auch Pentagon-Vertreter, die laut dem US-Sender CNN vom "Abtasten" der Front sprachen.

"Wir treiben Sie über die Grenze"

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach am Montagabend nur in Andeutungen über die Offensive. Niemand, der sich verantwortlich verhalte, werde im Krieg etwas zu seinen Plänen sagen. "Aber die Besatzer sollen es wissen: Wir treiben sie über die Grenze. Über unsere Grenze, an der sich nichts geändert hat." Weiter sagt er, "die Ukraine holt sich ihr Land zurück". Wenn die russischen Soldaten überleben wollten, sei es "an der Zeit abzuhauen. Geht nach Hause." Wer Angst habe, nach Russland zurückzukehren, solle sich ergeben. "Wir garantieren ihnen die Einhaltung aller Normen der Genfer Konventionen."

Die US-Regierung wollte sich nicht im Detail äußern. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, verwies aber darauf, dass die Ukraine die Gegenoffensive lange angekündigt und vorbereitet habe. Schon damit habe sie Russland gezwungen, Truppen aus dem umkämpften Donbass nach Süden abzuziehen. In Kiew werden dem Außenministerium zufolge die Experten der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA erwartet. Sie sollen das russisch besetzte Kernkraftwerk Saporischschja inspizieren.

Explosionen in Cherson und Melitopol gemeldet

Die Großstadt Cherson auf dem rechten Ufer des Stroms Dnipro war gleich zu Beginn der Invasion im Februar von russischen Truppen erobert worden, die von der Halbinsel Krim vorstießen. Selenskyj und seine Militärführung sprechen seit Juni über einen Angriff im Süden. Politisch steht die Ukraine unter Zeitdruck, weil Russland sich die eroberten Gebiete einverleiben will und mutmaßlich für September Volksabstimmungen darüber vorbereitet. Allerdings gibt es bisher kaum gesicherte Details zu der Offensive.

Wie die Südgruppe der ukrainischen Armee mitteilte, seien Einheiten der Donezker Separatisten und russischer Marineinfanterie zum Rückzug gezwungen worden. Genauere Ortsangaben wurden nicht gemacht. CNN berichtete unter Berufung auf ukrainische Militärquellen, vier Dörfer bei Cherson - darunter Prawdyne - seien erobert worden. Die Angaben sind nicht überprüfbar.

Nach russischen Angaben wurden die beiden Übergänge über den Dnipro bei Antoniwka und Nowa Kachowska erneut beschossen. Mit solchen Angriffen versucht die ukrainische Armee seit geraumer Zeit, den großen russischen Brückenkopf auf dem rechten Dnipro-Ufer vom Nachschub abzuschneiden.

Explosionen wurden auch aus Cherson selbst und der ebenfalls russisch besetzten Stadt Melitopol gemeldet. Ukrainische Behörden forderten die Menschen auf, die besetzten Gebiete möglichst zu verlassen. Falls dies nicht möglich sei, sollten sie sich mit Lebensmitteln und Wasser eindecken und Schutz in festen Gebäuden suchen. Im Zentrum der ukrainisch kontrollierten Stadt Mykolajiw kamen nach Behördenangaben durch russischen Beschuss zwei Menschen ums Leben, 24 Menschen wurden verletzt.

Quelle: ntv.de, hul/dpa/rts


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