Siemens schockt Frankenthal

  09 Oktober 2015    Gelesen: 1120
Siemens schockt Frankenthal
Siemens plant an seinem Standort in Frankenthal einen erheblichen Personalabbau. Nach Angaben von Betriebsratschef Hilmar Feisthammel soll eins der beiden hier gefertigten Produkte, die Dampfturbinen, aus Frankenthal an den Siemens-Standort Brno (Tschechien) verlagert werden. Dies bedeute den Abbau von gut 200 der 600 Arbeitsplätze.
Brief an Ministerpräsidentin

Doch auch um den verbleibenden Bereich Verdichter macht sich der Arbeitnehmervertreter große Sorgen. Bei einer Mitarbeiterinformation gestern habe die Geschäftsführung darüber informiert, dass er auf eine "profitable Größe" reduziert werden solle, um ihn anschließend zu verkaufen. "Wir befürchten, dass dies letztendlich das Ende des Standortes Frankenthal bedeutet", so Feisthammel in einem offenen Brief an Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, der dieser Zeitung vorliegt.

Dieses blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück: Zeitweise gehörte KK&K beispielsweise der Motoren- und Turbinenunion (MTU), München. Später wurde das Unternehmen eine Tochter von Daimler-Benz.

Eine Siemens-Sprecherin bestätigte gestern auf Anfrage einen bevorstehenden Stellenabbau in Frankenthal, ohne genaue Zahlen zu bestätigen. Man wolle den Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern nicht vorgreifen. Der Maßnahme stehe im Zusammenhang mit dem bereis im Mai angekündigten Sparprogramm, bei dem in Deutschland 2200 Arbeitsplätze gestrichen werden sollen. Grund sei das "schwierige Marktumfeld", so die Sprecherin. Der Betriebsrat sieht dagegen auch einen Zusammenhang mit der im Sommer abgeschlossenen Übernahme des US-Konkurrenten Dresser-Rand, der genau wie Siemens Gas- und Dampfturbinen für die Öl- und Gasindustrie produziert. Der fälligen Neuaufstellung in diesem Bereich falle Frankenthal nun zum Opfer.

Der vorderpfälzische Standort gehört erst seit dem Jahr 2007 zu Siemens. Zuvor firmierte das mehr als 100 Jahre alte Unternehmen unter dem Namen Kühle, Kopp & Kausch. Die hier produzierten Dampfturbinen kommen zum Beispiel in der dezentralen Energieversorgung zum Einsatz, die Industrie- und Klärwerksverdichter werden hauptsächlich in der Stahl- und Chemieindustrie sowie in der Abwasserreinigung nachgefragt. "Unter der Weltmarke Siemens wird sich das Wachstum des Unternehmens weiter beschleunigen", hatte der Münchener Konzern bei der Übernahme 2007 versprochen.

Für die jetzt verkündeten Sparmaßnahmen hat Betriebsratschef Feisthammel daher kein Verständnis. Siemens Frankenthal habe in den vergangenen Jahren jeweils eine Umsatzrendite von mehr als zehn Prozent erwirtschaftet und sei von der Geschäftsführung in den Medien wiederholt als "Perle des Maschinenbaus" bezeichnet worden. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen im Bereich der Energieerzeugung schreibe man "immer noch schwarze Zahlen". Nun werde der Standort "zerschlagen und in der Logik eines Großkonzerns dem Margenwahn geopfert". Letztlich sehe man sich "der Willkür des Siemens-Konzerns ausgeliefert". Unterstützung erhält der Betriebsrat von der Gewerkschaft. Man werde schnellstmöglich ein Alternativkonzept erarbeiten, so ein Sprecher der IG Metall Ludwigshafen/Frankenthal.

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