Separatisten suchen neues Kampffeld

  09 Oktober 2015    Gelesen: 569
Separatisten suchen neues Kampffeld
Die Waffenruhe hält und auch die umstrittenen Regionalwahlen der Separatisten sind abgesagt. Russlands Syrien-Einsatz überschattet inzwischen den Konflikt der Ostukraine. So manch gelangweilte Rebelle sucht da nach neuen Einsatzmöglichkeiten.
Seit mehr als einem Monat schweigen in der Ostukraine die Waffen - und Männer, die bisher für die prorussischen Separatisten gekämpft haben, machen sich Gedanken über ihre Zukunft. Sie fragen sich, ob der bewaffnete Konflikt wieder aufflammen könnte, ob sie in ein ziviles Leben zurückkehren oder aber sich als Söldner in Syrien verdingen sollten. "Es gibt keine Kämpfe mehr - nun sind einige gelangweilt", sagt der bärtige Rebellenkämpfer Turok, zu Deutsch "der Türke". "Die Jungs schlagen mir vor, nach Syrien zu gehen, dort ist es warm", fügt er hinzu.

Offizielle Bestätigung steht aus

Turok sagt, es seien bereits zahlreiche Kämpfer nach Syrien gereist, um die russische Armee und die Truppen von Staatschef Baschar al-Assad zu unterstützen. Unter ihnen sei auch der bekannte Rebellenkommandeur und gebürtige Russe Motorola, der im April angab, er habe 15 gefangene ukrainische Soldaten getötet. "Jeder weiß, dass Motorola nach Syrien gegangen ist, weil er in der Volksrepublik Donezk wegen der Zerstörung des Flughafens gesucht wird", sagt Turok. Örtliche Medien bestreiten dies jedoch. Motorola selbst äußert sich nicht.

Offiziell bestätigen die Separatisten Berichte über die Abreise von Kämpfern nach Syrien nicht. Auch von unabhängigen Beobachtern liegen dazu keine gesicherten Erkenntnisse vor. Russland selbst schließt einen Einsatz von Bodentruppen in Syrien bislang aus. Der Vorsitzende des parlamentarischen Verteidigungsausschusses in Moskau, Wladimir Komojedow, rechnet jedoch mit prorussischen Söldnern aus der Ostukraine am Boden. Laut der Nachrichtenagentur Interfax hält er eine solche Entwicklung sogar für "sehr wahrscheinlich".

Rückkehr ins zivile Leben?

Der russische Militäranalyst Pawel Felgenhauer beurteilt dies allerdings skeptisch. Selbst wenn einige Rebellenkämpfer aus der Ostukraine nach Syrien gingen, sei nicht mit einem "massenhaften" Exodus zu rechnen. Es sei "unwahrscheinlich, dass es im Donbass Schiiten gibt, die nach Syrien gehen und dort gegen Sunniten kämpfen". Söldner aus der Ostukraine würden in Syrien als "christliche Kreuzfahrer" angesehen und wären dort "allen in den Konflikt verstrickten Parteien verhasst", sagt Felgenhauer.

Turok gibt zu, dass sich bislang vor allem Kommandeure aus den Reihen der prorussischen Rebellen verabschiedet hätten. Einfache Kämpfer werden nach seiner Einschätzung eher nicht nach Syrien reisen. "Leute von hier kehren ins zivile Leben zurück und suchen sich Arbeit in der Stadt", sagt Turok. Er selbst glaube ohnehin, dass die Waffenruhe nur vorübergehend sei "und wir hier noch weiter kämpfen müssen". "Solange die Volksrepublik Donezk nicht die gesamte Donezker Region kontrolliert, wird der Kampf fortgesetzt", ist er überzeugt.

Klar ist jedoch, dass Moskaus militärisches Vorgehen in Syrien derzeit den Konflikt in der Ostukraine in den russischen Medien überlagert. "Alle haben genug vom Donbass, die Aufmerksamkeit gilt nun Syrien", sagt auch Rebellenkämpfer Konstantin. Vielleicht werde sich dies aber auch wieder ändern, immerhin sei weiter russische Unterstützung vor Ort. Große Sorgen bereitet den Rebellen in Donezk derzeit ein ganz anderes Problem. "Viele Kämpfer fangen an zu trinken", sagt der Kämpfer Andrej und ergänzt: "Die Russen wollen zwar die Disziplin bewahren, aber das gefällt nicht allen."

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