Üppige Zusatzpensionen für Europaabgeordnete aus einem vor Jahren eingerichteten Fonds sorgen für Unverständnis und harsche Kritik. Das berichtet "Investigate Europe" in Kooperation mit dem "Tagesspiegel". Mehr als 900 frühere und amtierende EU-Abgeordnete haben demnach Anspruch auf zusätzliche Zahlungen von teilweise mehr als 3000 Euro im Monat - zusätzlich zu den Pensionen, die sie ohnehin als Abgeordnete erhalten. Zu den Begünstigten zählen laut dem Bericht auch 15 ehemalige EU-Abgeordnete aus Deutschland, darunter der designierte Botschafter in Moskau, Alexander Graf Lambsdorff.
Der Fonds garantierte bereits nach Zahlungen über die Dauer von nur zwei Jahren eine Zusatzrente auf Lebenszeit, berichtet das Blatt. Ihm droht allerdings ein Defizit von mehr als 300 Millionen Euro an Pensionsansprüchen, das mit Steuergeld gedeckt werden soll, heißt es in dem Bericht. Das mache ihn "fassungslos", sagte der langjährige Europaausschussvorsitzende Gunther Krichbaum dem "Tagesspiegel". "Es ist der Öffentlichkeit nicht vermittelbar, dass eine solche Zusatzversorgung für Europaabgeordnete doppelt vom Steuerzahler finanziert wird - erst durch die Aufstockung der Beiträge und jetzt zum Ausgleich der Verluste", sagte der CDU-Politiker.
"Im Zweifelsfall soll der Fonds pleitegehen"
Kommende Woche will sich das Präsidium des EU-Parlaments mit der Schieflage des Fonds befassen. Darin werde seit 2009 kein Geld mehr eingezahlt, das vorhandene Kapital stamme zu zwei Dritteln aus Steuermitteln, schreibt die Zeitung weiter. "In diesen Fonds dürfen keine weiteren Steuergelder fließen", forderte der Grünen-Europaabgeordnete Daniel Freund: "Alle, die schon mit Pensionen der öffentlichen Hand gut versorgt sind, dürfen nicht noch obendrauf Pensionen erhalten." Krichbaum verlangte von den Entscheidungsträgern des Parlaments ebenfalls, jedweden öffentlichen Rettungsversuch zu unterlassen: "Im Zweifelsfall muss man den Fonds pleitegehen lassen."
Das EU-Parlament wird seit Dezember von einem Korruptionsskandal erschüttert. Im Mittelpunkt steht die frühere Vize-Vorsitzende Eva Kaili. Insgesamt wurden im Zuge des als "Katargate" bekannten Skandals rund 1,5 Millionen Euro an Bargeld beschlagnahmt. In der Affäre geht es um mutmaßliche Versuche des Golfemirats Katar sowie Marokkos, Vertreter des EU-Parlaments zu bestechen und so die Politik der Europäischen Union zu beeinflussen.
Quelle: ntv.de, mau
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