Die vorzeitig beendete Zusammenarbeit von Adidas mit dem umstrittenen US-Rapper Kanye West belastet das Geschäft des Sportartikelherstellers weiterhin schwer. Im ersten Quartal des Jahres fuhr das Unternehmen einen Verlust von 39 Millionen Euro ein, wie der Sportartikelhersteller aus Herzogenaurach mitteilte. Vor einem Jahr hatte die weltweite Nummer zwei noch 310 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftet.
Der Umsatz trat mit 5,27 Milliarden Euro auf der Stelle. Im Vorjahresquartal wurden 5,30 Milliarden Euro umgesetzt. Eine positive Entwicklung, denn Analysten hatten einen Rückgang von vier Prozent befürchtet: In China, wo Adidas zuletzt massiv an Boden verloren hatte, sei es trotz eines Umsatzminus von neun Prozent allerdings besser gelaufen als gedacht. "Das stimmt uns für den Rest des Jahres optimistisch", erklärte der neue Adidas-Chef Björn Gulden. Demnach schmelzen die hohen Lagerbestände allmählich zusammen.
Für das laufende Jahr bestätigte der Nachfolger von Kasper Rorsted die bisherigen Geschäftserwartungen: bestenfalls ein Betriebsergebnis von null und schlimmstenfalls einen negativen Saldo von 700 Millionen Euro. "2023 wird ein holpriges Jahr mit enttäuschenden Zahlen, in dem es nicht unser Ziel ist, unsere kurzfristigen Finanzergebnisse zu maximieren", sagte Gulden. Es gehe darum, eine Basis "für ein besseres Jahr 2024 und ein gutes Jahr 2025" zu schaffen.
Das Yeezy-Dilemma
Börsianer konzentrierten sich nach Vorstellung der Zahlen dennoch auf die positiven Aspekte: Die Adidas-Aktie legte vorbörslich um 1,5 Prozent zu.
Adidas hatte noch unter Rorsted bei der Zusammenarbeit mit dem Skandal-Rapper Kanye West die Reißleine gezogen, da dieser mehrfach verbal ausfällig geworden war - unter anderem mit antisemitischen Äußerungen. Allein wegen der von West designten "Yeezy"-Produkte, die längst produziert sind, sollen Adidas in diesem Jahr 1,2 Milliarden Euro Umsatz und ein Betriebsgewinn von 500 Millionen Euro fehlen. Im ersten Quartal schlug sich das Aus für Yeezy vor allem in Nordamerika nieder, wo der Umsatz währungsbereinigt um 20 Prozent einbrach. "Der Erfolg mit Yeezy hat es Adidas wahrscheinlich zu bequem gemacht, nicht nach anderen Wachstumstreibern zu suchen", sagte Analyst Cedric Rossi von Bryan Garnier in Paris.
Antisemitische Botschaften eindämmen
Nun steckt Adidas in einem Dilemma: Verkauft man den bei Fans begehrten "Yeezy"-Bestand, stünden West hohe Provisionen zu - und das Image von Adidas leidet. Wirft man die Millionen Paar Schuhe weg, drohen hohe Verluste. Gulden hat schon laut darüber nachgedacht, den Erlös an jüdische Organisationen zu spenden.
Man prüfe weiterhin, wie man mit der Angelegenheit umgehe, bekräftigte Adidas. "Die Herausforderung ist: Wenn die Schuhe auf dem Markt sind und von Leuten getragen werden, müssen wir sicherstellen, dass sich die antisemitischen Botschaften ihres Schöpfers nicht verbreiten", sagte Holly Huffnagle vom American Jewish Committee.
Baustelle China
Guldens zweite Baustelle ist China. Unter seinem Vorgänger Kasper Rorsted ist der Marktanteil von Adidas dort seit 2019 nach Daten der Marktforscher von Euromonitor von 19 auf 11 Prozent gesunken, der chinesische Rivale Anta Sports ist vorbeigezogen. Von den Boykottaufrufen nach der westlichen Kritik am Umgang mit den Uiguren wurde Adidas stärker getroffen als die Konkurrenz, weil die Deutschen dort mehr auf Promis als Markenbotschafter setzten als auf Sportler, wie CMBI-Analyst Walter Woo sagt.
Gulden steuert nun um: mit stärker auf China zugeschnittenen Produkten und mit Athleten als Werbeträgern. In den Läden habe der Umsatz von Adidas im ersten Quartal schon um mehr als zehn Prozent angezogen.
Adidas sitzt wie die gesamte Sportartikelbranche auf einem Berg von unverkauften Waren, die in der Corona-Pandemie über den Bedarf hinaus produziert worden waren und sich nur mit hohen Rabatten verkaufen lassen. Das drückt auf die Bruttomarge, die bei Adidas auf 44,8 (49,9) Prozent abschmolz. Ende März waren die Lagerbestände bei Adidas mit 5,7 Milliarden Euro ein Viertel höher als vor Jahresfrist. Seit Jahresbeginn seien sie immerhin um 300 Millionen Euro abgebaut worden. "Wir arbeiten weiter hart daran, unsere Lagerbestände im Laufe des Jahres zu normalisieren", sagte Gulden.
Quelle: ntv.de, chr/rts/AFP
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