Für so manchen Zuschauer wirkte das Auftreten der zu allem bereiten Darstellerin eher beängstigend als antörnend. Grey verstand Porno als Extremsport und ihre Lautäußerungen vor der Kamera ähnelten eher Kampf- denn Lustschreien. Mit 17 Jahren standen der Studentin mit der glücklichen Kindheit und dem Interesse für Film eigentlich alle Berufe offen. Grey, die mit bürgerlichem Namen Marina Ann Hantzis heißt, aber wurde beim häufigen Konsum von Pornos angesichts der immer gleichen "Handlung" vom Ehrgeiz gepackt. "Ich dachte, ich kann das sehr viel besser", schilderte sie in einem Interview rückblickend ihre Motivation, kurz nach ihrem 18. Geburtstag mit dem Drehen von Sexfilmen anzufangen.
Vater: "Vermassele es nicht"
Neben dem beruflichen Ehrgeiz standen auch persönliche Motive. Das junge Mädchen hatte sich lange Zeit für seine Sexualität geschämt. "Ich habe angefangen, Pornos zu drehen, um sie auf sichere Weise zu erkunden und meine Fantasien in einem kontrollierten Umfeld auszuprobieren." Für ihre katholische Mutter war die Berufswahl der Tochter ein schwerer Schlag. Der von ihr sehr verehrte Vater hingegen meinte trocken: "Verfolge deine Ziele und vermassele es nicht."
Nach ihrem Debüt mit Pornostar Rocco Siffredi wurde Grey quasi über Nacht zum Star. Sie gewann branchenintern Preise und machte sich durch extreme Einsätze einen Namen, wurde aber auch rasch von den Mainstream-Medien entdeckt. Ein Magazinartikel machte Regisseur Steven Soderbergh auf Grey aufmerksam. Der einstige Star des Indie-Kinos war vor allem mit der "Ocean`s"-Trilogie in Hollywoods A-Liga aufgestiegen, des Hochglanz-Glamours aber zunehmend überdrüssig. "The Girlfriend Experience", die Geschichte über ein Luxus-Callgirl, sollte sehr viel roher und direkter werden - da passte Sasha Grey quasi als Anti-Julia-Roberts perfekt in das Konzept.
Rückzug mit 23
Vor dem Start des Films 2009 war der "Pornostar des denkenden Mannes" in aller Munde. Grey schien nach dem kometenhaften Aufstieg in der Pornoindustrie nun das seltene Kunststück zu gelingen, auch in Hollywood ein Star zu werden. Pornogrößen wie Traci Lords oder Jenna Jameson war bei ihrem Wechsel nur mäßiger Erfolg beschieden gewesen. Kurz nach "The Girlfriend Experience" spielte sich Grey in einer Gastrolle der TV-Serie "Entourage" quasi selbst. 2011 verkündete sie offiziell ihren Abschied von der Pornoindustrie. "Ich bin stolz, sagen zu können, dass ich nichts bedauere, ich habe aufrichtig das Gefühl, als Darstellerin alles erreicht zu haben, was ich konnte", erklärte die damals 23-Jährige ihre Entscheidung.
Der endgültige Durchbruch auf der Leinwand aber blieb aus. Grey lehnte es ab, erneut Prostituierte oder Pornodarstellerinnen zu spielen. Zu ihren größten Rollen zählt noch der Thriller "Open Windows" von 2014. Darin verkörpert Grey eine berühmte Schauspielerin, die von einem Cyber-Stalker und einem von Elijah Wood gespielten Fan digital verfolgt wird. Grey widmete sich verstärkt ihrer Karriere als Musikerin und tourte 2014 durch Asien und Australien.
Auch privat musste der einstige Pornostar Rückschläge verkraften. 2014 ordnete ein Richter an, dass ihr ehemaliger Verlobter Ian Cinnamon sich von ihr fernhalten muss. Grey hatte laut dem Klatschportal "TMZ" vor Gericht ausgesagt, von Cinnamon bedroht worden zu sein. Der habe sie auch in die Pornokarriere gezwungen - plötzlich also widersprach Grey ihrer bisherigen Darstellung, die Laufbahn in der Sexindustrie völlig selbstbestimmt eingeschlagen zu haben.
Hier wird gevögelt, nicht geprügelt
Diesen "Gründungsmythos" Sasha Greys hatte sie im Jahr zuvor noch bei der Werbetour zu ihrem Debütroman ausgiebig ausgeschlachtet. In "The Juliette Society" geht es um eine junge Filmstudentin, die ihre wilden Sexfantasien in einer Geheimorganisation auslebt. Greys deutscher Verlage Heyne Hardcore - ja, so etwas gibt es tatsächlich - bewirbt das Buch gern mit dem Zitat der Autorin "Sie müssen sich die `Juliette Society` wie den `Fight Club` vorstellen. Nur dass hier gevögelt und nicht geprügelt wird". "Ich hatte es satt, über naive, junge Frauen zu lesen, die den Richtigen finden, tollen Sex haben und am Ende steht eine große, glückliche Familie", sagte Grey zur Veröffentlichung 2013, ohne direkt den Bestseller "Fifty Shades of Grey" zu nennen.
An dessen Erfolg kommt sie allerdings nicht ansatzweise heran. Auf der US-amerikanischen Seite von Amazon steht das Buch bei gerade einmal 65 Rezensionen und einer Durchschnittsbewertung von drei Sternen. Die unbeirrbare Miss Grey lässt sich davon nicht entmutigen und schreibt weiter an ihrer Geschichte. Die Fortsetzung von "The Juliette Society" erscheint im November.
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