Darum ist der Kachowka-Staudamm so wichtig

  06 Juni 2023    Gelesen: 841
  Darum ist der Kachowka-Staudamm so wichtig

Am frühen Morgen bricht der Kachowka-Staudamm am Fluss Dnipro. Die Ukraine macht Russland dafür verantwortlich. Das Absperrbauwerk und der dazugehörige Stausee sind nicht nur für das Atomkraftwerk Saporischschja wichtig. Auch für die Landwirtschaft in der Südukraine spielen sie eine wichtige Rolle.

In dem von Russland besetzten Teil der südukrainischen Region Cherson ist am frühen Morgen der wichtige Kachowka-Staudamm am Fluss Dnipro beschädigt worden. Das ukrainische Einsatzkommando Süd teilte mit, die russischen Besatzer hätten den Damm in der Stadt Nowa Kachowka gesprengt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem "Kriegsverbrechen, begangen von russischen Terroristen", sein Berater Andrij Jermak von einem "Ökozid". Die russischen Besatzer machten ukrainischen Beschuss für die Schäden verantwortlich.

Der 30 Meter hohe und 3,2 Kilometer lange Damm wurde 1956 als Teil des Wasserkraftwerks Kachowka errichtet und liegt etwa 85 Kilometer nördlich der Stadt Cherson. Der dadurch gebildete Stausee fasst rund 18 Milliarden Kubikmeter Wasser und versorgt das Kühlsystem des Atomkraftwerks Saporischschja mit Wasser. Auch die von Russland völkerrechtswidrig annektierte Halbinsel Krim wird seit Sowjetzeiten über den 403 Kilometer langen Nord-Krim-Kanal mit dringend benötigtem Süßwasser aus dem Kachowka-Stausee beliefert. Der Kachowka-Kanal und der Dnepr-Krywyj-Rih-Kanal zweigen ebenfalls vom Stausee ab. Letzterer führt Trinkwasser zur Stadt Krywyj Rih.

Laut Brain Kuns, einem Geografen an der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften, ist der Stausee für die Landwirtschaft im Süden der Ukraine von entscheidender Bedeutung. Das Netz von Kanälen, das von dem Stausee ausgeht, bewässere rund 200.000 Hektar Ackerland, sagte Kuns dem US-Rundfunksender "National Public Radio" im Februar.

Die Zerstörung des Staudammes hat nun Folgen für Mensch und Natur. Aufgrund der Überflutungen sind ukrainische Behörden momentan mit der Evakuierung von Einwohnern entlang des Dnipro beschäftigt. "Etwa 16.000 Menschen befinden sich in der kritischen Zone", teilte der Militärgouverneur der Region Cherson, Olexander Prokudin, mit. Mehrere Dörfer seinen bereits "vollständig oder teilweise" überflutet. Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal sprach von einer Überschwemmungsgefahr für bis zu 80 Ortschaften. Die Zerstörung werde zu einer Umweltkatastrophe führen.

"Es ist eine ökologische Katastrophe - Zehntausende Tonnen Fisch und eine einzigartige Biosphäre werden sterben", twitterte der Berater des ukrainischen Innenministers Anton Geraschtschenko. "Die Nester von Millionen Vögeln in den Feuchtgebieten am linken Ufer des Dnjepr wurden überflutet." Ähnlich äußerte sich Präsidentenberater Mychajlo Podoljak: "Auf einem riesigen Territorium wird alles Leben zerstört", twitterte er. "Der Umwelt wird enormer Schaden zugefügt."

Zumindest für das AKW Saporischschja gibt es Entwarnung. Laut Internationaler Atomenergiebehörde (IAEA) besteht keine unmittelbare Gefahr für die Anlage. Der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS zufolge droht dem Nord-Krim-Kanal derzeit nicht die Austrocknung. Der Besatzungschef der Stadt Nowa Kachowka, Wladimir Leontjew, räumte allerdings ein, dass es zu Problemen bei der Wasserversorgung auf der Krim kommen könnte.

Quelle: ntv.de, jpe/dpa


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