Für Tschernobyl gibt es keine Zukunft

  14 April 2016    Gelesen: 1111
Für Tschernobyl gibt es keine Zukunft
30 Jahre nach dem Super-Gau in Tschernobyl kämpft die Ukraine noch immer mit den Auswirkungen der Katastrophe: Der Bau einer neuen Schutzhülle setzt Kiew finanziell unter Druck. Gleichzeitig sind Visionen einer Nachnutzung zum Scheitern verurteilt.
30 Jahre nach der Atomkatastrophe im Kernkraftwerk Tschernobyl hat Greenpeace ein düsteres Bild von der Lage am Unfallort in der Ukraine gezeichnet. Weder die Führung in Kiew noch die internationale Gemeinschaft hätten einen nachhaltigen Plan für die am meisten betroffene Zone, heißt es in einer Studie über den Super-Gau vom 26. April 1986, welche die Umweltschutzorganisation im Laufe des Tages offiziell vorstellen will. In der Studie warnen die Aktivisten mit Nachdruck davor, die Ukraine nach Fertigstellung der im Bau befindlichen neuen Schutzhülle mit den Problemen allein zu lassen.

"Die gewaltigen Mengen Atommüll aus dem Reaktor zu bergen, wird eine zweistellige Milliardensumme kosten", sagte Tobias Münchmeyer von Greenpeace. Die Bundesregierung und ihre G7-Partner müssten die geschwächte Ukraine unterstützen. "Diese Sisyphos-Arbeit muss geleistet werden - obwohl nicht absehbar ist, ob sie je gelingt." Die frühere Sowjetrepublik Ukraine wird derzeit von einem Krieg gegen prorussische Separatisten ausgezehrt. Nicht nur deswegen setzen massive Geldprobleme Europas zweitgrößten Flächenstaat unter Druck.

Zwar räumte die Regierung in Kiew erhebliche Finanzierungssorgen in Tschernobyl ein. Die Schwierigkeiten in der verseuchten Zone seien aber mittelfristig überwindbar. So gibt es bereits ehrgeizige Pläne, ein Naturschutzgebiet sowie ein Zwischenlager für Atommüll zu schaffen. Kritiker in Kiew sehen die Absichten skeptisch - unter anderem, weil der Posten des Umweltministers wegen einer Regierungskrise seit Monaten vakant ist. Auch Greenpeace hält Projekte zur Lagerung von radioaktiven Abfällen in Tschernobyl für problematisch. "Zeitpläne und Finanzrahmen werden weit überschritten", heißt es in der Studie.

Ein Reservat im Sperrgebiet?

Auch die Überlegungen der prowestlichen Regierung in Kiew, ein Biosphärenreservat in der Sperrzone einzurichten, finden die Umweltschützer wenig überzeugend. Insgesamt sei festzustellen, dass es eine große Diskrepanz gebe zwischen den Forschungsergebnissen der Strahlenbelastung und dem Umgang mit der belasteten Region, heißt es. In Tschernobyl, das etwa 110 Kilometer von Kiew entfernt liegt, wird derzeit für mehr als zwei Milliarden Euro eine neue Schützhülle für den havarierten Reaktor gebaut. Rund 40 Länder sind an dem Projekt beteiligt.

Als der Druckröhrenreaktor am 26. April 1986 wegen einer Technikpanne explodierte, wirbelte die Detonation radioaktive Teilchen in die Luft. Eine Strahlenwolke breitete sich über weite Teile Europas aus. Die radioaktive Strahlung in Tschernobyl war Experten zufolge etwa 500 Mal stärker als nach dem Atombombenabwurf auf Hiroshima 1945.

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